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120 XXIII. Die Staatsbürgerschaft.
Für den Staat, dessen Bevölkerung verschiedenen Glaubensbekenntnissen
und Volksstämmen angehört, ergeben sich daraus wichtige Probleme: er muß
nichtnurdie Stellung des einzelnen Staatsbürgerszum Staate inBezug aufGlaubens-
bekenntnis und Volkszugehörigkeit regeln, sondern auch mit den auf der Gemein-
schaft des Glaubens und des Volkstums beruhenden und darnach auch politisch
gestimmten gesellschaftlichen Gruppen sich auseinandersetzen.i) Daß derartige
gesellschaftliche Gruppenvermöge ihrerForderungen an den Staat auch den Keim
zur Bildung politischer Parteien^) in sich tragen, versteht sich von selbst.
Wegen der Wichtigkeit der konfessionellen, nationalen, be-
ruflichen und sozialen Gliederung derBevölkerungfürdas Staats-
leben gehört die Kenntnis derstatistischen Ergebnisse hierüber mit zur politischen
Bildung. Die wichtigsten derselben werden daher in den Tabellen des Anhanges
mitgeteilt. Die Tabelle 6 enthält die Gliederung der österreichischen, ungarischen
und bosnischen Bevölkerung nach dem Glaubensbekenntnisse. Auf die Nationalität
wird in Österreich aus den Angaben über die Umgangssprache, in Ungarn über die
Muttersprache geschlossen. Die einschlägigen Ergebnisse sind für die beiden Reichs-
hälften in der oberen Hälfte derTabelle 7, für die einzelnenLänderÖsterreichs in der
unteren Hälfte der gleichen Tabelle enthalten. Die Tabelle 8 zeigt die Verteilung der
Bevölkerung nach der Größe der Wohnplätze, also auch nach Stadt und Land.
Die Tabelle 9 fügt die Altersgliederung in Verbindung mit der Umgangssprache hin-
zu; die Abweichungen des Altersaufbaues von Sprache zu Sprache erklären sich
nicht nur aus den verschiedenen Geburtenziffern sondern auch aus der Wander-
bewegungunddem dadurchbedingtenWechsel der Sprachgemeinschaft. Die Berufs-
gliederung nach Ländern ist in der Tabelle 10 enthalten, zu der die Tabelle 11 die
internationalen Vergleichsziffern hinzufügt. Die Tabelle 12 stellt endhch die Grund-
züge derauf der Stellungim Berufeberuhenden sozialen SchichtungderBevölkerung
Österreichs dar.
Die Grundlage der Wechselbeziehungen zwischen dem Staatsvolke und dem
Staate bildet die Staatsbürgerschaft. Aber ihr Rechtsinhalt erschöpft
dieselben nicht. Über die formelle Eingliederung in den Staat hinaus muß der
Staat auch sein grundsätzliches Verhältnis zu den Einzelpersonen regeln und zu
denwichtigenFragen Stellungnehmen, die sich andenBerührungspunktenzwischen
der staatlichen Ordnung und der gesellschaftlichen Bewegung des Staatsvolkes
ergeben. Diese Probleme sind durch die Anerkennung sogenannter Freiheits-
rechte gelöstworden,wodurchdermoderne Staat die Grenzlinien zwischen seiner
Gewalt und dem Bereiche zieht, das, unberührt von staatlichen Eingriffen, der
persönlichen Lebensführung und den gesellschaftlichen Bestrebungen frei gehalten
werden soU. Bevor hierauf eingegangen wird, ist die Staatsbürgerschaft des näheren
zu erörtern.
XXIIL Die Staatsbürgerschaft.
Die Staatsbürgerschaft istdas Recht derMitgliedschaftam Staatsverban.de; aus
der Zugehörigkeit zum Staate ergibt sich weiterhin eine Reihe einzelner Berech-
tigungen und Verpflichtungen, deren Voraussetzung und Rechtsgrundlage die
Staatsbürgerschaft bildet.
1) Vergl. das XXVII. und das XXX. Kapitel. — *) Vergl. oben S. 88 ff.
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Buch Österreichische Bürgerkunde"
Österreichische Bürgerkunde
- Titel
- Österreichische Bürgerkunde
- Autor
- Heinrich Rauchberg
- Verlag
- Verlag von F. Tempsky
- Ort
- Wien
- Datum
- 1911
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.4 x 24.0 cm
- Seiten
- 278
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918