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Beer-Jergitsch | B 241
bei der Planung der Emigration und die Strapazen der Reise sind für P. zu viel, sie erleidet
am 17. September eine schwere Herzattacke und wird daraufhin in das Rotkreuzspital nach
Flundern gebracht, wo sie kurz darauf, am 30. Oktober 1939, verstirbt. Richard Hofmann ist
nach dem Tode seiner Frau völlig gebrochen, schreibt verzweifelte Briefe an seine Freunde
und lässt die Schiffskarten, welche seine Frau und ihn in Sicherheit hätten bringen sollen
und die allein zu benützen ihm nunmehr sinnlos erscheint, verfallen. Zwei Wochen nach
der Beisetzung von P. B.-H. schifft sich der greise Dichter am 14. November 1939 schließ-
lich doch in Genua ein. Er landet am 23. November 1939 in New York und wird dort von
Freunden und Mitgliedern der deutsch–jüdischen EmigrantInnengemeinschaft empfan-
gen. Die Eingewöhnung in ein ihm fremdes Leben fällt ihm schwer. Obwohl er bei seinen
Töchtern Miriam und Naëmah lebt und in den deutsch-jüdischen EmigrantInnenkreisen
hochgeachtet wird, kann er den Verlust seiner Frau nicht verwinden. Er entschließt sich,
das jüdische Trauerritual, für das in der Schweiz zu wenig Zeit war, nachzuholen. Richard
Beer-Hofmann schafft sich seine eigene Form des Totengedenkens und schreibt das Er-
innerungsbuch „Paula, ein Fragment“. Mit Hilfe dieses Buches, das P. eine Art Nachleben
schenkt, nimmt Richard Beer-Hofmann am gesellschaftlichen Leben seines Gastlandes teil.
Er veranstaltet Lesungen an den Universitäten von Harvard und Yale, kümmert sich um
Neuausgaben und Übersetzungen, nimmt Englischstunden und arbeitet bis zu seinem Tode
am 26. September 1945 an seinem letzten Werk „Paula“.
L.: Beer-Hofmann 1949, Beer-Hofmann 1994, Kosena 1999, Illustrierte Neue Welt (Wien)
Juni/Juli 1985
Karin Nusko
Beer-Jergitsch Lilli; Kindergärtnerin und Lektorin
Geb. Graz, Stmk., 2. 4. 1904
Gest. Wien, 17. 7. 1988
L. J. wird am 2. April 1904 in Graz geboren. Bereits ihre Eltern waren Kommunisten und an
der Gründung des Arbeitervereines „Kinderfreunde“ in Graz beteiligt. L. J. besucht 1919 in
Wien die Erzieherinnenschule der Kinderfreunde in Schönbrunn. Dort lernt sie den Psycho-
logen Alfred Adler und den Philosophen Max Adler kennen. 1922 bekommt sie eine Stelle als
Horterzieherin, wird aber bald darauf arbeitslos; 1926 tritt L. J. der Kommunistischen Partei
bei. Bei ihrem ehemaligen Lateinlehrer Johannes Wertheim, der zu dieser Zeit den „Verlag
für Literatur und Politik“ (Litpol-Verlag) leitet, arbeitet L. J. als Verlagsgehilfin und liest dort
die Werke Lenins. Im Litpol-Verlag begegnet L. J. auch den führenden Kommunisten aus
Jugoslawien, Bulgarien und Rumänien. L. J. versucht vergebens eine Stelle als Kindergärtnerin
oder Erzieherin bei der Gemeinde Wien zu bekommen. Ihre Stellengesuche werden unver-
blümt ihrer „kommunistischen Sympathien“ wegen abgelehnt. Die Sowjetunion wird für die
junge Frau das Land der Sehnsucht, die letzten Jahre, die sie in Österreich verbringt, ist sie
für die KPÖ tätig. Sie arbeitet in der Arbeiterbuchhandlung und als Sekretärin in der Ge-
werkschaftsabteilung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei, sie verteilt Flugzettel,
geht nachts plakatieren und nimmt an der Parteikonferenz von 1927 als Stenographin teil.
Das Jahr 1928 bringt eine große Wende in L. J.s Leben. Sie reist mit einer Gruppe von
SportlerInnen, die an der Spartakiade, dem großen internationalen Arbeitersportfest, teil-
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 1, A – H
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1422
- Kategorie
- Lexika