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Nach 1918
Aus Österreichs Höhe und Niedergang - Eine Lebensschilderung
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luLembergresidiertedamalsGrafGoluchowski, derfrühereMinister, als kaiserlicher Statthalter. Er war der Typus des altpolnischen, selbstherrlichen Aristokraten, der bei Hof das größte Ansehen genoß und infolge seines außerordentlichen Reichtumes im Lande eine überragende Stellung einnahm. Er fühlte sich mehr als kaiserlicher Satrap denn als Statthalter — mehr als Vizekönig denn als oberster Beamter. Unter solchen Auspizien machte die Polonisierung die kräf- tigstenFortschritte,und die deutscheOberschichtsowiedieruthenische Unterschicht wurden bald gänzlich zur Seite geschoben. Mein Vater war in jener Zeit meist gedrückter Stimmimg. Er galt als deutsches und zentralistisches Element, und dies erschwerte seine Position. Er sollte einerneuen Richtung folgen, von der früheren aber doch nicht gänzlich und nicht plötzlich abschwenken, denn man hoffte im geheimen noch immer, daß es sich i^ Wesen nurum die Änderung der Firmatafel, und nicht um jene der Firma selbst handeln würde. Und auchnach oben hatte mein Vater einenschweren Stand. Dasneue freiheitlicheSystem erbrachte einenewigen Personen- wechsel. Jedes halbe Jahr änderte sich die Ministerliste. Das deutsch- freiheitliche, das Konkordat stürzende Bürgerministerium und das klerikal-föderative Ministerium Hohenwart umrahmten knappe vier Jahre! Die oft ganz jugendlichen Eintagsminister, aus parlamen- tarischer Konstellation geboren, ohne praktische Erfahrung, kamen in Widerstreit mit den langgedienten hohen Beamten, die sich nicht immer rasch fügen wollten. Auch die bürgerliche Freiheit, die oft an Gesetzeslosigkeit streifte, verdroß den Vertreter strammer Ord- nimg. Und als er einmal amtlich um seine Meinung in der Frage einer noch größeren Preßfreiheit interpelliert wurde, antwortete er: ,,Ja, doch dann müßte man den Gesetzesparagraph, der bei Straffällen die Straflosigkeit begründet, um den einen vermehren: ,Vergehen, die durch die Presse begangen werden!'" Damals jubelte ich ihm freudig und gläubig zu. Später belehrte mich das Leben in mancher Hinsicht eines anderen. Im 4. Jahrgang— Herbst 1870— dominierte das Reiten in unserm Tun und Lassen, was auch bei der Regimentswahl zum Ausdruck kam. Alles drängte zur Kavallerie — natürlich auch ich. Doch mein Vater legte ein Veto ein. Die kriegerischen Ereignisse in Frankreich verfolgten wir auf Grund unserer nun mit Ernst einsetzenden militärischen Studien, und die Lehrer holten mannigfache Beispiele aus den Geschehnissen jener Tage. Kriegerische Vorkommnisse lassen sich zu den verschie- densten, oft diametral entgegengesetzten Beweisführungen ver- werten. Doch damals waren wir noch gläubig. Ich besonders, denn 30
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Aus Österreichs Höhe und Niedergang Eine Lebensschilderung
Titel
Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Untertitel
Eine Lebensschilderung
Autor
Auffenberg von Komarów
Verlag
Drei Masken Verlag München
Ort
München
Datum
1921
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
13.4 x 21.6 cm
Seiten
536
Kategorien
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