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In der Monarchie war von diesen Vorbereitungen nicht viel zu be-
merken, außer einigen allgemeinen Vorkehrungen, die aber nicht
sehr auffielen, da zu jener Zeit zum erstenmal planmäßige Mobili-
sierungsbestimmungen durchgeführt wurden. Doch sehr bald darauf
kam es trotz des Protestes der Türken zum Einmarsch in Bosnien
und zu ernsten Kämpfen, die nicht allseits einen befriedigenden
Verlauf nahmen. Es wurde eine zweite und dritte Mobilisierung
nötig, wodurch schließlich eine Armee von 12 Infanteriedivisionen
mobil zur Verwendung gelangte.
MitwachsenderSpannungundUngeduld verfolgte ichdasAnschwel-
len der militärischen Aktion, zumal auch ein Regiment aus dem Bri-
gadeverband losgelöst wurde und mit der Brünner Infanterietruppen-
division abmarschierte. Da litt es mich nicht länger, und ich bat
in einem wohlgesetzten Schreiben den Chef des Generalstabes um
meine Einteilung zur mobilisierten Armee, was mir auch sofort ge-
währt wurde. MeineEltern reisten nachBrunn,um michnochmals zu
sehen, und von ihnen, meinenanderenVerwandtenundmeinemlieben
General Dumoulin zum Zuge begleitet, fuhr ich, mit Segenswünschen
überschüttet, dem ersehnten Ziel, der Kriegskampagne entgegen.
b) Der Okkupationsfeldzug in Bosnien
Ich stand als Generalstabsoffizier bei der 61. Infanteriebrigade
(31. Infanteriedivision). Brigadier war Oberst Killic, ein schneidiger
Troupier aus dem Grenzlande, Divisionär Feldmarschalleutnant
vonKees, mein einstigerAkademiekommandant. Gelassenund zurück-
haltend, besaß er imser unbedingtes Vertrauen.
Die Division bestand an Infanterie aus dem 6. und 33. Regiment,
ausden 23., 44., 52.und69. Reserveregimentern. Diedrei erstgenannten
Truppenkörper bildeten die 61. Infanteriebrigade.
Es waren schöne ungarische Truppen, doch von irgend einem
Elan für die Sache war nicht die Spur. Man fühlte deutlich, daß sie
gingen, weil sie gehen mußten; von einer kriegerischen Begeisterung
war aber nicht die Spur vorhanden. Wenn ich damit die Stimmung
bei Beginn des Weltkrieges vergleiche, so ist es, als ob es sichum zwei
ganz verschiedene Armeen handeln würde. Das ist eben das Volks-
heer! Für die Okkupation sowie für die Eroberung eines fremden
Landes, von dem die allerwenigsten je etwas gehört haben, kann es
ohne besondere Agitation keinenSchwung geben. Währendim Welt-
krieg, wo das Gefühl des Existenzkampfes anfänglich die meisten
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Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Eine Lebensschilderung
- Titel
- Aus Österreichs Höhe und Niedergang
- Untertitel
- Eine Lebensschilderung
- Autor
- Auffenberg von Komarów
- Verlag
- Drei Masken Verlag München
- Ort
- München
- Datum
- 1921
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.4 x 21.6 cm
- Seiten
- 536
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918