Seite - 57 - in Aus Österreichs Höhe und Niedergang - Eine Lebensschilderung
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Walles von Regierung und Volk durch Fehlgriffe und Unterlassungen
viel gesündigt. Fast nur dort, wo sich deutsche Kolonisten ange-
siedelt hatten, fand man menschenwürdige Verhältnisse, die abet mit
nichten als Beispiel wirkten. Solche Kolonistensiedelungen lagen seit
Jahrhunderten inmitten polnischer und ruthenischer Komplexe, ohne
daß irgendwelche Assimilierung stattgefunden hätte. Die Siedlungs-
idee schuf wohl etliche Tausend zufriedener und relativ wohlhabender
Bauernfamilien, die aber keineswegs als Kulturträger angesehen wer-
den konnten. Diese Rolle nimmt dort eigentlich nur der Jude ein,
freilich in der ihm eigenen korrumpierenden Art.
Im Hochsommer verbrachte ich einige Wochen in den Sudeten,
wurde aber von dort zu einer Konferenz nach Wien berufen, bei
der es sich um eine neue Pferdeaufbringungsart im Mobilisierungs-
falle handelte. Das kam mir gelegen, weil zu jener Zeit gerade die
erste elektrische Ausstellimg in der Rotunde eröffnet wurde. Es ge-
lang mir, bei der Inauguration anwesend zu sein, wobei Kronprinz
Rudolf den vielzitierten Ausspruch tat: ,,Ein Meer von Licht!" Es
schien auch, als würde sich die Verwertung der Naturkräfte, die
damals eine große Renaissance erlebte, vornehmlich in Licht imd
Beleuchtungseffekten geltend machen. Wohl wurde eine elektrische
Kleinbahn bestaunt, die telephonischen Anlagen und Künste, beson-
ders dasAbhören derOpernarien, wirkten alsSensation, doch herrschte
bei all diesen maschinellen Betrieben der Dampf- und Wassermotor
noch derart vor, daß deren elektrische Auswertung fast einen sekun-
dären Eindruck hervorrief.
NachLembergzurückgekehrt,wohnteich einerimposantenSobieski-
feier anläßlich der 200jährigen Befreiung Wiens von den Türken bei.
Die äußere Umrahmung wies den österreichischen patriotischen Cha-
rakter auf, die innere den national-polnischen. Bei den vielfachen
bildlichen und bibliographischen Darstellungen kam die Persönlich-
keit Kaiser Leopolds im Vergleich zum Polenkönig Sobieski nicht
allzu gut v.-eg. Ein Feldherr war der Kaiser wohl wirklich nicht ge-
wesen. Er hatte eben andere für sich kämpfen lassen. Doch der
Glanz des römischen Kaisers deutscher Nation hatte ihn umstrahlt,
während Sobieski doch nur ein Wahlkönig gewesen, die imglück-
lichste staatliche Institution, die man sich, zumal in der damaligen
Zeit, denken konnte und eine der Ursachen, die zum ,,Finis Poloniae"
führten.
Im Jahre 1884 wurde ich zur Mappierung eingeteüt und kam zu-
nächst nach Arad. Die Mappierung (Landesaufnahme) war ursprüng-
lich die eigentliche Domäne des Generalstabes. Später behielt er
sich nur deren Leitung vor, während das Gros der Arbeitenden aus
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Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Eine Lebensschilderung
- Titel
- Aus Österreichs Höhe und Niedergang
- Untertitel
- Eine Lebensschilderung
- Autor
- Auffenberg von Komarów
- Verlag
- Drei Masken Verlag München
- Ort
- München
- Datum
- 1921
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.4 x 21.6 cm
- Seiten
- 536
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918