Seite - 71 - in Aus Österreichs Höhe und Niedergang - Eine Lebensschilderung
Bild der Seite - 71 -
Text der Seite - 71 -
Ein persönlicher Konflikt, der mit Waffenaustragung endete, er-
brachte im Herbst jenes Jahres meine Transferierung nach Laibach
als Generalstabschef der 28. Infanteriedivision, deren ausgezeichnete
Truppen in Triest, Laibach, Pola, Görz, Cilli disloziert waren.
Ähnlich wie in Pilsen kämpfte in Laibach das langsam zurückwei-
chende Deutschtum mit dem vorwärtsdrängenden, von der Regierung
gestützten SlawentuiQ. Die Slowenen standen weder in kultureller
noch in besitzlicher Hinsicht auf derHöhe der Tschechen in Böhmen,
gabenaberdiesenwederanEnergie,nochanrastlosemAufwärtsstreben
nach. Die Deutschen— auch hier wie überall in sich gespalten—
konntensichpolitischnichtaufeinereinheitlichenPlattformzusammen-
finden. Ihr eingeborener Patrizierstolz, wie ich ihn sonst nirgendwo
gefunden habe, gab ihnen in politischerRichtung allerdingsRückgrat.
DiePatrizierinAugsburgundNürnberg, dieNobüi inVenedig, Florenz
und Mantua mochten ähnlich gefühlt und gedacht haben. Es gab
Familien, die, Dynastien gleich, Stolzund Tradition, wohl aber auch
deren Rückständigkeit besaßen. Sie hatten jedoch auch manche Vor-
züge : hervorragende Kunstliebe, besonders für Musik, strenggesittete
Formen, bedingungslose Loyalität. Die deutsche Gesellschaft und
das Offizierskorps der Garnison standen daher im regen Kontakte.
Ich lebte mich in dieses Milieu rasch ein und fand, dort auch meine
P'rau. Ich hätte wohl keine treuere Lebensgefährtin erwählen können.
All dem oft umstürzenden Wechsel, dem mein Schicksal unterworfen
war, zeigte sie sich gewachsen, und je höher die Wogen brandeten,
desto fester hielt sie an meiner Seite aus. In den trübsten Momenten,
die mir oft ein unfaßbares Geschick brachte, hatte ich an ihr stets
den treuesten Berater und besten edelmütigsten Freund, da auch
ihr Verstand sie alle Lebenslagen erkennen und richtig beurteilen ließ.
Als Oberstleutnant
Im Mai 1891 avancierte ich zum Oberstleutnant.
ImHerbst fanden in derGegendvon Cilli dieManöver des III.Korps
statt, denen auch der Kaiser beiwohnte. Sie lagen unter einem Un-
stern. Beide Divisionäre, die gegeneinander führten, hatten die zu-
gebilligte Altersgrenze schon überschritten und auch den Komman-
dierenden General, Herzog von Württemberg, wollteman nicht länger
in Aktivität wissen. Es konnte daher nichts recht gemacht werden.
Wenngleich— bei objektiver Beurteiltmg— imsere Partei gut ab-
schnitt, regnete es doch nur Worte der Ungnade.
71
Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Eine Lebensschilderung
- Titel
- Aus Österreichs Höhe und Niedergang
- Untertitel
- Eine Lebensschilderung
- Autor
- Auffenberg von Komarów
- Verlag
- Drei Masken Verlag München
- Ort
- München
- Datum
- 1921
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.4 x 21.6 cm
- Seiten
- 536
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918