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Nach 1918
Aus Österreichs Höhe und Niedergang - Eine Lebensschilderung
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Liebedienerei oder streberisches Eingehen auf Anschauungen anderer am Platze gewesen wären. Die laufenden Vorkommnisse zogen mich wieder auf ihren Weg. Zunächst fesselte meine Aufmerksamkeit der Besuch des Ministers für Bosnien und die Herzegowina, Baron Burian. Bei unsern wieder- holten längeren Gesprächen gewann ich den Eindruck, der sich später bei den vielen dienstlichen Beziehungen, die uns verbanden, immer mehr verstärkte, daß er zweifelsohne ein weit über das gewöhnliche Maß versierter Mann sei, der besonders die Verhältnisse des Orients gründlich kenne. Gebildet und sprachengewandt, studierte er jedes Vorkommnis mit Eifer und Gründlichkeit. Fehler, die der Ober- flächlichkeit entstammen, dürften ihm wohl kaum je passiert sein. Trotz langjähriger Konsulatsdienstzeit war Burian doch mehr Theo- retiker geblieben. Er wollte es auch nicht erfassen, daß man— ins- besondere im Orient— persönlich dazusehen müsse und daß für eine so eminent praktische Tätigkeit, wie die Diplomatie von heute es sein sollte, die Doktorengelahrtheit nur einen relativen Wert besitze. Seine Gelassenheit und Ruhe waren von Langeweile oft schwer zu unterscheiden, was nicht ausschloß, daß er am Konferenztisch nervös wurde, wenn man ihn beispielsweise in seinen Dissertationen unter- brach oder wenn er merkte, daß sie nicht zogen. Verständnis für die großen Ziele der Monarchie konnte man ihm nicht' absprechen, spezifisches IMagyarentum nicht vorwerfen, aber als Lenker des Staats- schiffes in stürmischester Zeit konnte ich ihn mir nicht leicht vor- stellen. Bald nach Abreise des Ministers, und während der Landeschef auf Urlaub weilte, kam es in einigen Gegenden Nordbosniens zu Agrar- unruhen, die einen bedrohlichen Charakter hätten annehmen können. Seit Eröffnung des Sabors war die Kmetenablösung zu einem fixen Programmpunkt der oppositionellen, besonders aber der serbischen Parteien geworden. Man verstand darunter die Aufhebung des lebens- länglichen und erblichen Pachtverhältnisses, in dem die Pächter (Kmeten) zu ihren Grundherren (Agas) standen. Eine Art Grund- entlastungsaktion, wie sie auch in Österreich in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, speziell in Galizien stattgefunden hatte. Alle waren einig, daß in dieser Richtung etwas geschehen müsse, nur wollten die Regierung und die Agas eine allmähliche und freiwillige Enteignung, während die meisten Kmeten eine obligatorische und sofortige Durchführung verlangten. Manchem Kmeten mochte^wohl jene radikale Methode vorgeschwebt haben, die in Serbien nach den Jahren 1877/78 Platz gegriffen hatte, wo die Agas einfach verjagt, viele auch erschlagen wurden. Die Anschauungen gingen also weit 138
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Aus Österreichs Höhe und Niedergang Eine Lebensschilderung
Titel
Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Untertitel
Eine Lebensschilderung
Autor
Auffenberg von Komarów
Verlag
Drei Masken Verlag München
Ort
München
Datum
1921
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
13.4 x 21.6 cm
Seiten
536
Kategorien
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