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160 Klaus Wachtel
übelsten Eindruck. Am 16. August wurde Groag mit hohem Fieber in das jüdische Spital
Malzgasse 16 eingeliefert ; zwei Tage später besuchte Pollak ihn im Spital : Der Hofrat liegt
in einem hübschen Zimmer ganz allein, wird herrlich verpflegt, von Prof. Dr. Donath behan-
delt. Er hatte 40° Fieber, als er vorgestern nachmittag eingeliefert wurde, hat das Fieber jetzt
aber verloren. Doch bereitet ihm das Atemholen anscheinend Schwierigkeiten, ebenso das Hi-
nunterschlucken von Pillen. Er bekommt Eleutheron ; die Frau flüstert mir zu, daß Lunge und
Herz affiziert seien. Sein Gesicht ist ungeheuer abgemagert, sodaß er kaum zu erkennen ist.191
Gestorben ist Groag nach der Todesfallaufnahme, ausgestellt vom Amtsgericht Hiet-
zing, am 19. August 1945. Drei Tage später erhielt Pollak brieflich die Todesnachricht :
Unter der Post finde ich einen kurzen Brief des Prof. Dr. Roretz, in dem er mich vom Ableben
des Hofrats Groag verständigt. Die Nachricht trifft uns beide sehr schwer : hatten wir uns
doch fast drei Jahre lang allwöchentlich gesehen und gesprochen. Als Todesursache wird laut
Sterbeeintrag im Standesamt Brigittenau Arterienverkalkung und beiderseitige Lungen-
entzündung angegeben. Beigesetzt wurde Edmund Groag am 25. August 1945 auf dem
Südwestfriedhof im 12. Wiener Gemeindebezirk im Familiengrab 47, Reihe 4, Nummer
1192. An der Beisetzung nahmen teil193 : neben Frau Groag und dem Ehepaar Pollak noch
Prof. Dr. Klein, Dr. Hrdlička194, Dr. Doublier195, Frau Weichselgärtner196, Prof. Mzik197,
Frau Frömel198 und Prof. Dr. Keil, der die Leichenrede hielt, sehr schlicht, sehr herzlich199.
Am 7. Juni 1950 wurde der Leichnam Groags auf Initiative seiner Frau, die im Mai 1946
in die Tschechoslowakei zurückgekehrt war und erst in Prag und dann in Deutschbrod
(Havličkův Brod) lebte200, exhumiert, eingeäschert und die Urne nach Deutschbrod ver-
sendet201. Frau Groag verstarb 1959, ihre Urne ist gemeinsam mit der ihres Mannes im
Urnenhain des Neuen Friedhofs beigesetzt202.
191 Pollak, Tagebucheintrag 18.08.1945.
192 Brief der städtischen Friedhofsverwaltung MA 43–3745/01.
193 Pollak, Tagebucheintrag.
194 Wohl Heinrich Hrdlička, zu ihm Geschichte der Österreichischen Nationalbibliothek 2 (wie Anm. 116) 172.
195 Wohl Othmar Doublier, siehe oben.
196 Zu ihr siehe oben.
197 Zu ihm siehe oben.
198 Wohl Hermine Frömmel, zu ihr Geschichte der Österreichischen Nationalbibliothek 2 (wie Anm. 116) 171.
199 Pollak, Tagebucheintrag 25.08.1945 ; zu Josef Keil siehe NDB 11, 404f.; vgl auch den Nachruf Keils im An-
hang.
200 Nach Auskunft des staatlichen Kreisarchivs in Deutschbrod (Brief SOkA-601/01-0.82.9 vom 27.09.2001).
Ein anderes Datum überliefert Pollak, Tagebucheintrag 20.05.1946 : Nachmittags zum Abschiedsbesuch bei
Frau Groag, die schon alles gepackt hat und übermorgen [also am 22.05.] früh mittels Lastauto zu ihren Stief-
schwestern nach Deutschbrod übersiedelt.
201 Brief der städtischen Friedhofsverwaltung MA 43–3745/01.
202 Grab U 38. Brief des staatlichen Kreisarchivs in Deutschbrod (wie Anm. 200).
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 2
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78764-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 678
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien