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254 Ulfried Burz
Exkurs zum Institut für Kärntner Landesforschung und zur Kärntner Wissenschaft-
lichen Gesellschaft : Bei der kryptischen Anmerkung in Wuttes Brief an Perkonig, dass
er von den neugeschaffenen wissenschaftlichen Institutionen ausgeschaltet wurde und nicht
einmal zu den Beratungen über deren Einrichtung beigezogen worden sei, handelt es sich
mit hoher Wahrscheinlichkeit um die Kärntner Wissenschaftliche Gesellschaft und das
Institut für Kärntner Landesforschung der Universität Graz, deren Konstituierung bzw.
Gründung am 10. Oktober 1942214 im Großen Wappensaal des Landhauses in Klagenfurt
bekannt gegeben wurde. Zur Geschichte des Landesforschungsinstitutes hat Tone Ferenc
1980 bereits Wesentliches publiziert215. Ergänzend ist anzufügen, dass Wutte im Zuge der
wissenschaftlichen Bearbeitung der aus Belgrad eingetroffenen Akten und der daraus sich erge-
benden wissenschaftlichen Aufgaben ersucht worden war, diese Arbeiten als Forschungsauftrag
im Rahmen des Instituts für Kärntner Landesforschung zu übernehmen216.
Zur Entwicklungsgeschichte der Kärntner Wissenschaftlichen Gesellschaft lässt sich
ein aussagekräftiges Detail zu Strategien des NS-Regimes im damaligen Wissenschafts-
betrieb erschließen. In einer hausinternen Anfrage, ob die Vereinssatzungen dieser Ge-
sellschaft denn gesetzeskonform wären, monierte der zuständige Sachbearbeiter : Grund-
sätzlich wäre in der Satzung das Führerprinzip und die Reichsbürgerschaft für die Mitglieder
der Gesellschaft zu verankern. Kritik übt der Beamte am Punkt I, 2, des Entwurfes der
Vereinssatzungen : Er [der Verein, Anm. Burz] steht unter dem Schutze des Gauleiters und
Reichsstatthalters in Kärnten und ist an seine Weisungen gebunden. Dieser Satzungsentwurf
motivierte einen bemerkenswerten Einspruch des Beamten. Gleichzeitig dokumentiert
er ein gewichtiges Stück perfider nationalsozialistischer Wissenschaftspolitik : zu Satz I,
2 : In dieser Form muss der Satz zu Missverständnissen Anlaß geben. Es ist doch sicherlich
nicht gemeint, daß die wissenschaftliche Eigenverantwortlichkeit der im Verein tätigen For-
scher ausgeschaltet und daß auch hinsichtlich des abzugebenden wissenschaftlichen Urteils das
Weisungsrecht gegeben sein soll. Dann könnte ja von einer Wissenschaft im eigentlichen Sinne
nicht mehr die Rede sein. Entweder betont man hier nur die staatliche ‚Aufsicht‘ oder begrenzt
das Weisungsrecht genauer und in einer Weise, die an der echten Wissenschaftlichkeit der Ge-
sellschaft keinen Zweifel läßt. Z. B. würde diese dadurch nicht beeinträchtigt werden, daß der
KLA, NLW, Schachtel 1, 2 : Wir danken Ihnen für Ihr Schreiben vom 21.2.1939 und bitten Sie, beiliegendes
Formular ausgefüllt an uns zurückzusenden. Im Anschluss daran erhalten Sie die ‚Mannus‘- Zeitschrift sowie die
Mitgliedskarte zugesandt.
214 Oberregierungsrat und Schulrat Dr. Georg Graber hat seine Arbeit am Institut für Kärntner Landesforschung der
Universität Graz bereits – per Erlass – am 1. August aufgenommen. Schreiben des Kurators der wissenschaft-
lichen Hochschulen in Graz und Leoben an den Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbil-
dung, Graz, 21.09.1942, BAB, R 4901, 13425.
215 Ferenc, Quellen (wie Anm.158), Dokument-Nr. 89, 148, 152, 196 und 207.
216 Rainer an Wutte, Klagenfurt, 15.07.1942, G.Z. II/13.059/42, KLA, NLW, Schachtel 56, 1585.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 2
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78764-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 678
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien