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534 Cholera im österr. Raiserstaate:c.
die sich aus eigenem Antriebe gegen dieselbe aufs sirengste abgesperrt hat-
ten. Nachdem die Ch. bereits schon im May 1330 in Galizien und nah-
mentlich in Lemberg ausgebrochen war, wurde Ungarn der ganzen
galiz. Gränze entlang abgeschlossen; was Cordone nur immer zu leisten
vermögeli, wurde auch hier versucht und weder Mühe noch Aufwand ge-
spart, allein auch hier zeigten alle Cordone und Absperrungen gleiche Un-
wirksamkeit. Schon den 13. Iuny kam die epidemische Brechruhr zu
Tisza-Uj lak im Ugocser Comitat zum Vorschein, was um so mehr
Aufmerksamkeit erregte, da 2 Comitate, das Beregher und Marmaro-
ser, hiebey ganz übersprungen waren. Sogleich wurde auch die Ugocser
und Marmarofer Gespanschaft von dem übrigen Ungarn abgesperrt;
dessen ungeachtet drang die Krankheit mit furchtbarer Schnelle die Theiß
abwärts, und auch ein dritter Cordon, von der siebenbürg. Gränze ange-
fangen bis zum Granstnsse, vermochte eben sowenig dem Vordringen die-
ses Übels Einhalt zu thun. Schon den 15. Iuny brach die Seuche mit
verheerender Wuth auch in Pesth aus; in ganz Ungarn, wie früher in
Galizien, bothen die Gemeinden und Städte zu den Absperrungen und
die
l.'gends stand- die Zahl
Abgerechnet nur eine kleine Unordnung zu Pesth, durch einige hundert
Studenten, die eben in ihre Heimath reisen wollten und sich daher der
angeordneten Absperrung der Donau widersetzten, so wie einen ebenfalls
bald gedämpften Vauerntmnult, von welchem der österr. Beobachter
vom 7. Sept. 1831 folgende Meldung gibt: »Derselbe zum Volkswahn
entartete, wiewohl vernunftwidrige Argwohn der unwissenden Menge,
der auch in anderen von der Cholera heimgesuchten Ländern höchst be-
klagenswerthe Auftritte veranlaßte, daß nähmlich diese Seuche eine bloße
Erfindung der^Negierung und höherer Stände sey, daß Brunnen, Le-
bensmittel und Getränke vergiftet, die Arzneyen Gift, Ärzte, Grund-
obrigkeiten und Geistliche Giftmischer feyen, hat sich auch in einigen Ge-
genden von Ungarn dos Landvolkes bemeistert, aber nur im Zipser und
ZemplinerComitate ist die weit verbreitete Aufregung in einen Bauernauf-
stand ausgebrochen. Die zusammengerotteten Haufen haben in vielen
Orten Gräuelthaten der wildesten Nohheit an Edelsitzen, Geistlichkeit mit
Raub, Mord und Brand ausgeübt. Allein das bloße Erscheinen und
über jedes Lob erhabene Benehmen einiger Compagnien der zu den dorti-
gen Werbbezirken gehörenden Regimenter hat die Zerstreuung der Meu-
überliefert worden sind. Von dem ersten Augenblicke an, als diese un-
glücklichen Ereignisse zur Kenntniß Sr. Majestät gelangten, haben Aller-
Yöchstdieselben sogleich das Einrücken einer hinreichenden Militärmacht
aus dem benachbarten Galizien anzubefehlen und den zweyten Hofvice-
kanzler der konigl. ungar.Hofkanzley, Ignaz Freyherrn vonEötvös,
als königl. Hofcommissär, in die Comitate, in welchen die Nuhe gestört
worden war, abzusenden geruht, von dem nun, da inzwischen durch das
tapfere, kluge und rasche'Benehmen des in jenen Gegenden befindlichen
Militärs der Aufruhr gedämpft worden war, die w'eitern Untersuchun-
gen gepflogen werden.
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe A-D, Band 1
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe A-D
- Band
- 1
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 788
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie