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M u s i k . 7R)
Mtlsik. Schon in den frühesten Zeiten blühte die M. in Österreich. Die
schöne Lage, die Fruchtbarkeit des Landes, das im Vergleiche zu an-
dern Provinzen Deutschlands, trotz vieler erlittener Unglücksfälle, noch
immer behaglich zu nennende Daseyn des Volkes, seine sorglose Gut-
mürhigkeit, seine Jovialität mußten die Fortschritte einer Kunst begün-
stigen, die, wie alle Künste, mit der Sinnlichkeit näher verwandt ist,
als mit Verstand und Aufklärung (obwohl man, dieß zugebend, keines-
wegs Nicolai 's Ausspruche in seinen Arabesken beystimmen kann, daß
die Tonkunst ein rein sinnliches und kein höheres Seelenvergnügen sey).
Hierzu kam noch Böhmens Nähe; die Czechen, so wie alle slavischen
Völker haben einen überaus regen Sinn für M. , und was in Oster-
reich Lebenslust und Herzensfreudigkeit, das mögen in Böhmen frühere
Unglücksfalle, wo die schwer gedrückte Seele sich nur in Tönen Luft
machen, Erholung verschaffen konnte, und Drang nach befferm, leich-
term Erwerbe, für die Tonkunst gethan haben. Zudem haben die meisten
Beherrscher Österreichs diese Kunst geliebt und thätig unterstützt. Ph i -
l ipp von Bergen, der in Italien den Nahmen de Monte ange-
nommen hatte, war Capellmeister der Kaiser Max im i l i an I I . und
Rudolph I I . (starb 1579). Kaiser F erd in and I I I . war nicht nur
ein gründlicher Kenner und großer Beschützer der Musik, sondern selbst
ein talentvoller Componist, der mehrere Stücke sowohl für" Kirchen - als
für Kammermusik schrieb (ein gediegenes Miserere von ihm wird in der
k. k. Hofbibliothek aufbewahrt und Variationen für Clavier sind im
Nlusee musical aufgenommen). Unter Kaiser Leopold I. lebten und
wirkten G e o r g M u f f a t , Georg Christ ian Wagensei l ,
Anton Caldara und I o h . Ios. Fux, bekannt durch sein Lehr-
buch: (^radus ad parnassum, das in der Folge auf Kosten Kaisers
Carl V I . aufgelegt wurde. Kaiser Leopold ließ ferner 1690 ein
eigenes Theater für italienische Opern erbauen, auf welchem auch zu-
weilen spanische Stücke zur Aufführung kamen und die Sammlung der
Opere Leopnldine e Caroline, das heißt der unter L eopo ld I. und
Car l VI . aufgeführten Opern und Comödien, ist in mehreren Bänden
gedruckt und sogar mit einer Abbildung des damahligen Orchesters berei-
chert. Car l V I . unterhielt nicht nur eine vortreffliche Hofcapelle und
Kammermusik, welche, nach Küchelbecker, jährlich an 200,000Gul^
den kostete, sondern ließ ein neues, prachtvolles Opernhaus erbauen, m
welchem er selbst nich? selten am Claviere dirigirte, wahrend hohe Perso-
nen die Bühne betraten. Unter Joseph I I . besaß Wien eine treffli-
che italienische Oper und auch das deutsche Singspiel wurde bedeutend
gehoben und vervollkommt. D i t t e r sdo r f , Gluck, S a l i e r i ,
Haydn, Mozar t glänzten in diesem Zeitraume, und weder die nach-
folgenden Kriege noch viele Unglücksfalle vermochtenden gegebenen Impuls
aufzuhalten. Der Regierungszeit Kaisers Franz I. war es vorbehalten,
die schönste Blüthe der Kunst sich entfalten zu sehen. Eben hatte Mo-
zart seinen Schwanengesang, sein Requiem, vollendet; Beethoven
durchlief mit Riesenschritten die Bahn und erweiterte sie; Haydn schrieb
seine unsterbliche Schöpfung; Cherubini componirte für Wien seine
Faniska; Ios. Weig l setzte herrliche Ballete und mehrere Opern, die
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Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe I-M, Band 3
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe I-M
- Band
- 3
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 768
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie