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lürkenkriege u.Belagerungenwiens durchdieTürken.
Schlacht, welche den 13. September Frühmorgens in der Gegend von
Orinzing, Hei l igenstadt und Nußdor f begann. Die Hohl-
wege in beyden letzten Orten, jedes Haus, ja jeder Schutthaufen wur-
de von den Türken mit äußerster Hartnäckigkeit vertheidigt, zudem fügte
die errichtete große Redoute beyDobling und Wahr ing (noch heut
zu Tage die Türkenschanze genannt) dem Christenheere vielen Schaden
zu, und obschon um 2 Uhr Nachmittags dessen rechter Flügel, die Po-
len, aus den Wäldern von Dornbach hervorbrach, und sich mit Lo-
wenmuth auf die feindlichen Massen warf, so schwankte dennoch das
Geschick des Tages, als auf einmahl der Herzog von Lothringen, den
rechten Augenblick gewahrend, allgemeinen Sturm auf den rechten Flü-
gel der Türken befahl, selben in Unordnung brachte, die Türkenschanze
erstürmen ließ, und mit dem weichenden Feinde zugleich in Dö'bling,
Wahring und Weinhaus eindrang. Nun war das Schicksal des
blutigen Kampfes entschieden, die Polen bekamen Luft, und fochten mit
unglaublicher Tapferkeit, die Feinde wurden mit großem Blutvergießen
bis an ihr Lager zurückgeworfen. Vergebens hielt der Großvezier den
wi'den Strom noch etwa eine halbe Stunde auf, ohne ihm jedoch
Schranken setzen zu können. Alles wogte und tobte in der wildesten Un-
ordnung, in feiger Flucht durch und wider einander. Da nun vollends
der Großvezier in verblüffter Hast, ohne an sein Zelt und seine Schatze
zu denken, der Stadt den Rücken kehrte, war an kein Halten und an
keine Ordnung mehr zu denken, alle Pascha's und Befehlshaber folgten
auf das eiligste seinem Beyspiel. Der Feind ließ über 25,000 Todte,
seine ganze Artillerie, Kriegsvorrath und das unermeßlich reiche Lager,
welches man auf viele Millionen schätzte, zurück. Wahrend der Bela-
gerung waren überdieß über 45,000 Türken gefallen. Natürlich aber
wurde solch' ein Sieg auch von Seite der Christen mit großen Opfern
erkauft, denn von der zu Anfang der Belagerung über 22,000 Mann
zählenden Besatzung waren am Ende kaum 4,050 übrig geblieben, über-
dieß waren in der Schlacht des Entsatzes über 4,000 von der Befreyungs-
armee gefallen. Seit dieser Epoche verlor die Pforte ihr drohendes Über-
gewicht, und nie mehr erhob sie sich zu jener furchtbaren Stellung, wel-
che für das Schicksal Europas besorgt machte. Der Konig von Polen
und der Herzog von Lothringen zogen nach kurzem Aufenthalte bey
Wien mit ihren Heeren den Türken nach, um ihre so glorreich erfoch-
tenen Vortheile weiter zu verfolgen, und die Wiedereroberung Ungarns
zu bewerkstelligen; Gran , Neu Häusel, endlich auch die Festung
Ofen wurden erobert, und der Sieg des Hroßen Eugen (s.d.) bey
Zentha den 1l . Sept. 1697 hatte den für Österreich sehr vortheilhaf-
ten Frieden von Carlowitz ss. Friedensschlüsse) zur Folge, wo-
durch Ungarn, welches seit Ferdinand I. Zeiten gewöhnlich zur
Hälfte unter türkischer Oberhoheit gestanden hatte, in seinem frühern
Umfange der Habsburg'schen Dynastie gesichert wurde. 1716 ent«
svann sich zwar neuerdings ein Krieg, da die Türken den Venetia-
nern die Halbinsel M o r e a entrissen, und die Verwendung Kaiser
Carl's V I . für Venedig zurückgewiesen hatten, allein nach Eugen's
Siegen bey Peterwardein den 5. Aug. 1716 und bey Be lgrad
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe See-V, Band 5
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe See-V
- Band
- 5
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 604
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie