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geheuere Waldesnacht weit und breit auf dem Lande lag, und die Ge-
stade der Donau verbarg, als die römischen Adler üb?r Rhätiens und
Noricums Gauen das Fremdlingsjoch brachten, fanden sie auf dieser
wohlgelegenen Hohe, an dem wichtigen Strom, der ihre Herrschaft in
Gallien mir jener in Griechenland und Asien verbinden sollte, den fried-
lichen Sitz eines, der Jagd und dem Fischfang ergebenen, celtogalli-
schen Stammes, — die Wohnung der Winden. Das sprachen die Rö-
mer aus: Vlndobona, der Barbaren harte Laute (wie der altere Pl i -
nius sagt) also umstaltend, daß eine lateinische Zunge sie doch hersa-
gen könne! W: sah Rom's Größe, seinen Verfall und Fall, es war
mit dem nahen (Üai-nunwin ein Hauptpunct des großen römischen
Grän;cordons an der Donau. Dem Fremdlingsjoch und der Soldaten-
herrschaft (hier waren Magazine, hier die Donauflotille, hier ein in
der Offensive und Defensive gleich wichtiger Brückenkopf und Übergangs-
punct), wich gar bald das alte nationale Gepräge. Die Winden-Woh«
nung ward ein Lager der (^oli01-5 labia oder takiana von der 13. Legion.
Wie die rauhen Söhne des Norden öfter und gewaltiger heranstürmten,
mögen auch unter den Eingebornen, die alten, niedergehaltenen Er-
innerungen wieder hervorgetreten seyn. Wie Gluth unter d.er Asche,
leuchtet mehrmahls durch die Finsternisi 'der alte Nahme Vind 0 b 0 na's
wieder. Nach der 13. kam aber die 10. dovpelte Legion als Besatzung
Hieher, welche von Augustus an, unter allen folgenden Kaisern bis
auf Vespasian, hier ihr gewöhnliches Standquartier hatte. Aussol-
chen rom. Standquartieren wurden in kurzer Zeir gewöhnlich ordent-
liche kleine Städte, und eine solche scheint auchVind ob ona damahls
geworden zu seyn, welche unter der Herrschaft der Römer bis zur Re«
gierung des Gall ienus in einem ruhigen Zustande verblieb. Unter
diesem Kaisec fielen aber mebrere wilde Nationen die rom. Provin-
zen an, und eroberten oder verheerten dieselben wenigstens. Dieses Schick-
sal traf auch Oberpannonien. Die Marcomannen gingen über die Donau,
und bemeitterten sich dieses Landes, das ihnen Gall ienus in dem bald
darauf geschlossenen Frieden überließ, wodurch auch Vindobona unter
ihre Herrschaft kam. Kaiser Probus verjagte jedoch wieder diese Bar-
baren aus Pannonien, und machte sich für die Provinz noch besonders
dadurch merkwürdig, daß er die ersten Weinstöcke aus Griechenland Hie-
her verpflanzte. In der Folge, als im röm. Reiche selbst gewaltsame
Spannungen , und mehrere Kaiser und Gegen.-Kaiser entstanden, ward
auch Pannonien, und mit diesem auch Vindobona bald diesem,
bald jenem Herrscher zu Theil. Geqen Ende des 4. Jahrhunderts scheint
auch die christliche Religion hier Eingang gefunden zu haben, da 454
der heilige Sever in, ein afrikanischer Mönch, in die Nabe von W.
kam, und mit großem Erfolge das Christenthum predigte. Im 5. Jahr-
hundert bestürmten neuerdings mehrere barbarische Völker die Provin-
zen des nun in das morgen- und abendländische Kaiserthum getheilten
röm. Reiches, und da die röm. Kaiser sich außer Stand sahen, diese
Provinzen ferner zu schützen, machten sie mit den Rügen einen freund-
schaftlichen Vertrag, durch welchen sie ibnen Pannonien überließen.
Unter der Herrschaft der Rügen bekam Vindobona den Nahmen
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe W-Z, Band 6
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe W-Z
- Band
- 6
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 668
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie