Seite - 137 - in Porträtgalerien auf Papier - Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
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5. ERWERBUNGEN UNTER DEN BIBLIOTHEKSVORSTEHERN YOUNG UND KHLOYBER 137
in Stockholm, der wenige Jahre zuvor ein allgemein beachtetes ganzfiguri-
ges Porträt des schwedischen Königs Karl XIV. Johann herausgegeben hat-
te,428 plane jedenfalls in absehbarer Zeit eine Serie sämtlicher schwedischen
Könige, Staatsmänner, Feldherren und Gelehrten herauszugeben.
Vor ein ähnliches Problem sah sich auch der Gesandte in St. Petersburg,
Stefan Graf von Zichy gestellt, der durch seinen Legationssekretär mitteilen
ließ, dass er trotz aller Bemühungen „bey dem Mangel ordentlicher Kunst-
handlungen in St. Petersburg“ keine der zu ergänzenden Porträts habe auf-
treiben können.429
Da insbesondere von den älteren Linien der Fürstenhäuser sowie von
geistlichen und weltlichen Würdenträgern des Mittelalters kaum Bildnisse
auf Papier aufzutreiben waren, wurde schließlich von mehreren Gesandt-
schaftsposten die Idee herangetragen, deren Konterfeis, sofern sie von Epi-
taphen, Skulpturen und Standbildern bekannt waren, zu kopieren. Der
Gesandte in Madrid, Lazar Ferdinand Conte Brunetti, ließ anfragen, ob es
dem Willen des Kaisers entspreche, dass für jene Personen, deren Porträts
lediglich auf Monumenten, Skupturen oder Ölgemälden außerhalb Madrids
zu finden seien, Künstler entsendet werden sollen, um von diesen Zeichnun-
gen anzufertigen. In diesem Falle sei ihm mitzuteilen, ob diese Kopien in Öl
gemalt werden sollen oder ob es dem Kaiser genüge, eine gute Zeichnung in
Kreide zu haben. Brunetti wies gleichzeitig darauf hin, dass Ersteres wohl
recht teuer käme.430 Franz lehnte dieses Vorhaben jedoch kategorisch ab:
„Dem Brunetti ist zu bedeuten, daß ich die mir fehlenden Abbildungen nur
zu erhalten wünsche, wenn sie zu haben sind; keineswegs aber daß Künstler
um sie zu bekommen zu reisen oder die vorhandenen Standbilder und Ge-
mählde abzukopiren haben.“431
Auch der Ministerresident in Frankfurt meldete sich mit ähnlichem An-
sinnen betreffend die von ihm zu beschaffenden Bildnisse deutscher Kaiser
und Fürsten aus dem Hause Nassau: „Von manchen sind gar keine, wohl
aber Epithaphen mit Standbildern vorhanden (was auch bei einigen Erzbi-
schöfen vor Williges [Willigis, Erzbischof von Mainz] der Fall sein dürfte)
– ich nehme mir daher die Freiheit, anzufragen, ob Se. Majestät allergnä-
digst genehmigen, daß ich diese copiren lasse, und in welcher Manier?“432
Der Bibliotheksvorstand Young empfahl daraufhin dem Kaiser, „dass die-
428 ÖNB, BAG, Pg III/4/94, Stahstich (1822) nach Gemälde von François Gérard (1811),
Stockholm, Kungliga Husgerådskammaren.
429 ÖNB, BAG, FKBA11063, fol. 1r.
430 ÖNB, BAG, FKBA11040, fol. 1v.
431 ÖNB, BAG, FKBA11017, fol. 7v.
432 ÖNB, BAG, FKBA11018, fol. 1r–v.
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Titel
- Porträtgalerien auf Papier
- Untertitel
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Autor
- Patrick Poch
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 326
- Schlagwörter
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Kategorie
- Kunst und Kultur