Seite - 171 - in Porträtgalerien auf Papier - Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
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6. BÜRGERLICHES SAMMELN UND ORDNEN VON PORTRÄTGRAFIK IM 18. JAHRHUNDERT 171
auf mehr als 9000 Porträts fürstlicher Personen, die er chronologisch gereiht
hatte. Einige Regentenfolgen, wie die deutschen Kaiser oder die Könige von
Frankreich, England und Polen waren in einer Vollständigkeit vertreten,
wie man sie eher von einer aristokratischen Sammlung erwarten würde.551
Auf den Adel folgte zumeist die Geistlichkeit in strikter Ämterhierarchie,
von den Päpsten und Kardinälen über Erzbischöfe, Fürstbischöfe, welche
kirchliche und weltliche Gewalt gleichermaßen ausübten, Bischöfe und Pfar-
rer bis hin zu den einfachen katholischen, lutherischen oder reformierten
Geistlichen sowie Angehörigen von Ordensgemeinschaften, gereiht nach de-
ren Ordenzugehörigkeit. Die Bildnisse von Theologen beanspruchten nicht
selten eine eigene Position innerhalb des ständischen Ordnungssystems und
wurden wie die übrigen Gelehrten zumeist nach Fakultäten gelegt. Aukti-
onskataloge von Privatsammlungen, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahr-
hunderts zur Versteigerung gelangten, spiegeln diese Gliederung wider, wie
im Fall der 1788 auf der Leipziger Frühjahrsmesse versteigerten Porträt-
stichsammlung des Fränkischen Kreiskassiers und Kunstsammlers Johann
Georg Friedrich von Hagen (1723–1783), der seine Bildnisse in großen Fo-
liobänden „nach den Ständen und Facultäten“ geordnet hatte.552 Für Ge-
lehrtensammlungen, die nach Fakultäten geordnet waren, schlug Sigmund
Jakob Apin die Bildung von Unterkategorien vor. Theologen etwa könnten
nach Universitätslehrern oder solchen, die in einer Pfarre gedient hatten,
separiert werden. Juristen könnten aufgegliedert werden in solche, die poli-
tische Ämter bekleideten und solche, die durch ihre theoretischen Schriften
Bekanntheit erlangt haben. Erstere könnten dann wiederum in Unterkate-
gorien zerfallen wie Minister, Senatoren, Konsulenten oder Räte.
Gelehrte der philosophischen Fakultät könne man in Universitäts- oder
Gymnasialprofessoren trennen oder in Mathematiker, Physiker, Philologen
und Historiker. Im Falle der Mediziner erschien es Apin hingegen zu um-
ständlich, zu separieren, ob jemand ein königlicher Leibarzt, ein Universi-
tätsprofessor oder ein Stadtphysikus war. Auch hinsichtlich deren theore-
tischer Beschäftigung habe sich der eine mehr um das botanische Fach, der
andere mehr um das chemische, und der dritte um die Anatomie oder Chi-
rurgie Verdienste erworben. Man solle deshalb alle Personen, die den Titel
eines „Medicus“ führen, alphabetisch reihen.553
Recherche. Zur Porträtsammlung Friedrich Nicolais vgl auch Neubert (1992), S. 455 f.,
sowie Parthey, Bd. 1 (1871), S. 7, S. 163 f; Katalog Berlin (1983), S. 25 f.; Katalog Hal-
berstadt (2012), S. 89–91.
551 Eine zeitgenössische Beschreibung der Porträtstichsammlung Scheteligs in Hirsching,
Bd. 5 (1792), S. 300 f.
552 Rost (Auktionskatalog, 1788), Vorbericht, S. III.
553 Apin (1728), S. 43.
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Titel
- Porträtgalerien auf Papier
- Untertitel
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Autor
- Patrick Poch
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 326
- Schlagwörter
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Kategorie
- Kunst und Kultur