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Rausch der Verwandlung
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wohlfühlen, die warmen Bäder, und die Luft ist viel milder und … « Die Tante redet weiter und weiter. Der schwierige Punkt ist überwunden. Sie hat Christine sanft beigebracht, daß sie morgen wegfährt. Jetzt rollt alles wieder leicht und locker im Geleise, sie erzählt und erzählt immer heiterer die ausfälligsten Geschichten von Hotels und Reisen und von Amerika, und Christine sitzt dumpf demütig und doch die Nerven gepreßt unter diesem schrillen, krampfig gleichgiltigen Schwall. Wenn es nur schon zu Ende wäre. Endlich nutzt sie eine kurze Pause. »Ich will euch jetzt nicht länger aufhalten. Der Onkel soll sich ausruhen und auch du, Tante, wirst vom Packen müde sein. Wenn ich dir vielleicht noch etwas helfen kann?« »Nein, nein.« Die Tante steht gleichfalls auf. »Die paar Dinge packe ich leicht allein. Aber auch für dich ist’s besser, du gehst heute früh zu Bett. Du mußt ja, glaube ich, schon um sechs Uhr aufstehen. Nicht wahr, du bist nicht böse, wenn wir dich nicht zur Bahn begleiten?« »Nein, nein, das wäre doch übertrieben, Tante«, sagt Christine tonlos und sieht zu Boden. »Und nicht wahr, du schreibst mir, wie es Mary geht, gleich schreibst du mir, wenn du ankommst. Und wie gesagt, nächstes Jahr sehen wir uns ja wieder.« »Ja, ja«, sagt Christine. Gott sei Dank, jetzt kann sie gleich gehen, einen Kuß noch dem Onkel, der merkwürdig verlegen ist, einen Kuß der Tante, und dann geht sie nur rasch fort, nur rasch fort! – zur Tür. Aber da, im letzten Augenblick, sie hat schon die Klinke in der Hand, kommt die Tante hastig nach. Noch einmal (aber es ist der letzte Hieb) hat ihr die Angst ihren Hammer auf die Brust geschlagen: »Aber nicht wahr, Christl«, sagt sie dringlich erregt, »du gehst jetzt wirklich gleich auf dein Zimmer, gehst schlafen und ruhst dich aus. Nicht, daß du mehr hinuntergehst, weißt du, sonst … sonst … sonst kommen morgen früh alle Leute von uns Abschied nehmen … und wir haben das nicht gern … Es ist besser, man fährt einfach weg ohne langes Hin und Her und schreibt dann lieber den Leuten paar Karten … ich kann diese Blumenspenden und … Begleitereien nicht leiden. Also nicht wahr, du gehst nicht mehr hinunter, sondern gleich zu Bett … nicht wahr, du versprichst mir’s.« »Ja, ja, natürlich«, sagt Christine mit letzter Stimme und zieht die Tür zu. Und erst nach Wochen erinnert sie sich, daß sie beim Abschied vergessen hat, den beiden auch nur ein einziges Wort des Dankes zu sagen. Kaum die Tür hinter sich, verläßt Christine die mühsam zusammengestraffte Kraft. Wie ein abgeschossenes Tier noch einige Schritte 102
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Rausch der Verwandlung
Titel
Rausch der Verwandlung
Autor
Stefan Zweig
Datum
1982
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
204
Kategorien
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