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Rausch der Verwandlung
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die Halle ist hier immer so fürchterlich überheizt … « Nur erst beruhigen, beruhigen, denkt er, und während er ihren Arm nimmt, tastet er wie zufällig nach ihrem Handgelenk, um zu prüfen, ob sie Fieber habe. Nein, die Hand ist eiskalt. Merkwürdig, denkt er mit gesteigertem Unbehagen, merkwürdige Sache. Vor dem Hotel schwanken grell und hoch die Bogenlampen, links steht dunkel verschattet der Wald. Dort hatte sie gestern gewartet, und es ist wie vor tausend Jahren, nicht eine Zelle in ihrem Blut erinnert sich. Er führt sie sacht hinüber (nur lieber gleich ins Dunkel, wer weiß, was mit ihr los ist), und sie läßt sich willenlos führen. Ablenken zuerst, überlegt er, ganz gleichgültige Dinge reden, sich auf keine Konferenzen einlassen, nur so zufällig plaudern, das beruhigt am besten. »Nicht wahr, es ist viel angenehmer … nehmen Sie nur meinen Mantel um … ah, eine wunderbare Nacht … sehen Sie die Sterne … eigentlich Unsinn, daß wir immer den ganzen Abend im Hotel sitzen.« Aber die Zitternde hört ihn nicht. Was Sterne, was Nacht, nur sich spürt sie, nur ihr seit Jahren zusammengedrücktes, gepreßtes, unterdrücktes Ich, das plötzlich sich riesenhaft im Schmerz aufbäumt und die Brust zersprengt. Und mit einmal, es geschieht jenseits des Willens, packt sie grimmig seinen Arm. »Wir reisen fort … morgen reisen wir fort … für immer fort … nie mehr werde ich hierherkommen, nie mehr … hören Sie, nie mehr … nie mehr … nein, ich ertrage es nicht … nie mehr … nie mehr.« Sie fiebert, fürchtet sich der Ingenieur, wie es ihren ganzen Körper schüttelt, sie ist krank, ich muß gleich einen Arzt verständigen. Aber mit wilden Muskeln klammert sie sich in das Fleisch seines Arms. »Aber warum, ich weiß nicht warum … muß ich so plötzlich weg … es muß etwas geschehen sein … ich weiß nicht was. Mittags waren beide noch so gut zu mir und sagten kein Wort davon, und abends … abends sagten sie mir, ich muß morgen wegreisen … morgen, morgen früh … sofort, und ich weiß nicht, warum … warum ich so plötzlich weg muß … so weg … so weg … wie man etwas aus dem Fenster wirft, was man nicht mehr braucht, so … ich weiß nicht wie, ich weiß nicht … ich verstehe es nicht … es muß etwas geschehen sein.« Ach so, denkt der Ingenieur. Mit einmal ist ihm alles klar. Gerade vorhin erst hat man ihm das Geschwätz zugetragen über die van Boolen, unwillkürlich ist er erschrocken; beinahe hätte er ihr einen Heiratsantrag gemacht! Aber jetzt begreift er, Onkel und Tante schicken die Arme Hals über Kopf weg, damit sie ihnen weiter keine Unbequemlichkeiten mache. Die Bombe ist explodiert. Nur jetzt sich nicht mehr einlassen, überlegt er rasch. Ablenken! Ablenken! Er versucht ein paar Allgemeinheiten, ach, das sei wohl nicht endgiltig, 105
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Rausch der Verwandlung
Titel
Rausch der Verwandlung
Autor
Stefan Zweig
Datum
1982
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
204
Kategorien
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