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die Ausreise der betroffenen Personen den Zustand aufenthaltsrechtlicher
Irregularität beenden können.16
Die politischen und rechtlichen Anstrengungen der Union zur „Be-
kämpfung“ irregulärer Einwanderung sind darauf ausgerichtet, irregulär
aufhältige Migrant*innen wirksam rückzuführen.17 Das zentrale Rechtsin-
strument der EU ist die RückführungsRL. Sie erlegt den Mitgliedstaaten
die Pflicht auf, gegen jede drittstaatsangehörige Person, die sich irregulär
in der EU aufhält, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.18 Hierbei ist zu
beachten, dass der Erlass einer Rückkehrentscheidung nicht automatisch
die tatsächliche Rückkehr der irregulär aufhältigen Migrant*innen bedeu-
ten muss: Zwar erlassen die Mitgliedstaaten grundsätzlich Rückkehrent-
scheidungen, doch werden jährlich nur rund 40% aller zur Rückkehr ver-
pflichtenden Entscheidungen auch tatsächlich vollzogen, wobei die Rück-
kehrrate in afrikanische Länder sogar bei unter 30% liegt.19 Im Jahr 2017
wurden bspw in allen 28 EU-Mitgliedstaaten 516.115 Rückkehrentschei-
dungen angeordnet, hingegen sind nur rund 188.905 Migrant*innen frei-
willig zurückgekehrt oder in ihren Herkunftsstaat abgeschoben worden
(327.211).20 Vorsichtig geschätzt kann man nach Lutz daher von
rund 300.000 nicht rückführbaren Migrant*innen jährlich ausgehen.21 Es
ist daher festzustellen, dass die Union mit einem Vollzugsdefizit von Rück-
führungen irregulär aufhältiger Migrant*innen konfrontiert ist.22
Zum besseren Verständnis des quantitativen Umfangs der Thematik
kann die CLANDESTINO-Studie aus dem Jahr 2008 herangezogen wer-
den, die eine grobe Schätzung darstellt.23 Nach dieser war rund 1% der
europäischen Bevölkerung in der EU irregulär aufhältig. Zwischen 1.9
16 Vgl Tapinos in OECD 15.
17 Siehe nur Empfehlung (EU) 2017/432.
18 Art 6 Abs 1 RückführungsRL; siehe Kapitel 3.B.I.
19 COM(2017) 558 final, 9 und COM(2017) 200 final, 2.
20 Europäische Kommission, Eine konsequentere und wirksamere europäische Rück-
führungspolitik v12.9.2018, https://ec.europa.eu/commission/sites/beta-political/f
iles/soteu2018-factsheet-returns-policy_de.pdf (24.10.2018).
21 So Lutz, EJML 2018, 30.
22 Vgl Lutz, EJML 2018, 29f und Farcy, Unremovability under the Return Directive:
An Empty Protection? in de Bruycker/Cornelisse/Moraru (Hrsg), Law and Judicial
Dialogue on the Return of Irregular Migrants from the European Union (2020)
im Erscheinen.
23 Vgl Kovacheva/Vogel, The Size of the Irregular Foreign Resident Population in the
European Union in 2002, 2005 and 2008: Aggregated Estimates, WP 4/2009, 11;
Europäische Kommission, Clandestino Project, Final Report v23.11.2009, http://
www.statewatch.org/news/2015/mar/eu-com-clandestino-final-report-novem-
Einleitung
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https://doi.org/10.5771/9783748902720, am 28.01.2020, 12:12:37
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
Regularisierungen irregulär aufhältiger Migrantinnen und Migranten
Deutschland, Österreich und Spanien im Rechtsvergleich
- Titel
- Regularisierungen irregulär aufhältiger Migrantinnen und Migranten
- Untertitel
- Deutschland, Österreich und Spanien im Rechtsvergleich
- Autor
- Kevin Fredy Hinterberger
- Verlag
- Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0272-0
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 514
- Kategorie
- Recht und Politik