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Rechtsakte – etwa betreffend Familien oder der Aufnahme von Flüchtlin-
gen – ein „effektives Einreiserecht“.200 Eine der Gründe hierfür ist die ge-
teilte Gesetzgebungskompetenz zwischen der EU und den Mitgliedstaaten
bezüglich der Einreise von Migrant*innen.201
Ziel des vorliegenden Kapitels ist, die Idee von Costello weiterzuentwi-
ckeln und für die angedachte Mehrebenenanalyse fruchtbar zu machen.
Dafür setze ich mich mit der Frage auseinander, auf welcher Ebene Rechts-
akte erlassen wurden, die sogenannte quasi-automatische Aufenthaltsrech-
te von Migrant*innen innerhalb der EU begründen.202
Um diese Frage angemessen beantworten zu können, unterscheide ich
in der Folge zwischen Migrant*innen, die über ein bzw kein quasi-automa-
tisches Aufenthaltsrecht verfügen. Migrant*innen verfügen über ein quasi-
automatisches Aufenthaltsrecht und sind daher aufenthaltsrechtlich privi-
legiert, insofern sie in eine der folgenden Kategorien fallen: (i.) wenn sie
Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaates, eines EWR-Staates oder der
Schweiz sind (Staatsangehörigkeit); (ii.) wenn sie internationalen Schutz
im Sinne der StatusRL genießen (anerkannte Schutzbedürftigkeit); (iii.)
wenn ein Verwandtschaftsverhältnis zu einem*r aufenthaltsrechtlich privi-
legierten Migrant*in besteht (Verwandtschaftsverhältnis).
Eine Rechtsfolge, wenn eine Person unter eine der genannten Kategori-
en fällt, ist, dass sie vereinfacht gesagt „automatisch“ mit der Einreise ein
Aufenthaltsrecht in einem Mitgliedstaat der EU erwirbt. So können etwa
Unionsbürger*innen aufgrund ihres Freizügigkeitsrechts in einen anderen
Mitgliedstaat reisen und sich in diesem aufhalten (i.). Im Falle von Perso-
nen mit Anspruch auf internationalen Schutz müssen die betreffenden
Personen zusätzlich zuerst einen Antrag stellen und ein deklaratorisches
Statusverifikationsverfahren durchlaufen (ii.).203 Anders gesagt, aufent-
haltsrechtlich privilegierte Migrant*innen genießen ein Aufenthaltsrecht
bloß deshalb, weil sie von einer der genannten Kategorien erfasst sind. Der
Rechtsanspruch auf das Aufenthaltsrecht ist völker- oder europarechtlich
begründet, weshalb den Mitgliedstaaten in diesen Fällen kein Spielraum
verbleibt. Eine weitere Rechtsfolge ist, dass Migrant*innen mit quasi-auto-
matischen Aufenthaltsrechten nur in Ausnahmefällen irregulär aufhältig
200 Costello, Human Rights 28.
201 Costello, Human Rights 13ff. Gem Art 4 Abs 2 lit j AEUV teilen sich die EU und
die Mitgliedstaaten die Kompetenzen betreffend den Raum der Freiheit, der Si-
cherheit und des Rechts. Vertiefend siehe Kapitel 3.D.
202 Vgl Howse/Nicolaidis in Broude/Shany 164.
203 Bast, Aufenthaltsrecht 286 und siehe Kapitel 1.C.
A. Mehrebenenanalyse und aufenthaltsrechtlich privilegierte Migrant*innen
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https://doi.org/10.5771/9783748902720, am 28.01.2020, 12:12:37
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
Regularisierungen irregulär aufhältiger Migrantinnen und Migranten
Deutschland, Österreich und Spanien im Rechtsvergleich
- Titel
- Regularisierungen irregulär aufhältiger Migrantinnen und Migranten
- Untertitel
- Deutschland, Österreich und Spanien im Rechtsvergleich
- Autor
- Kevin Fredy Hinterberger
- Verlag
- Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0272-0
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 514
- Kategorie
- Recht und Politik