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lung eines Aufenthaltsrechts im Gegensatz zum Bestehen eines rechtlichen
Abschiebehindernisses meist umstritten ist und von der Interpretation der
einzelnen Normen abhängt. Dies wird weiter unten im Hinblick auf das
Non-Refoulement-Gebot gezeigt.526 Wenn eine solche Pflicht argumen-
tiert wird, dann haben Migrant*innen einen Rechtsanspruch auf Regulari-
sierung und der mitgliedstaatliche Ermessensspielraum ist diesbezüglich
auf null reduziert.527 Um die Auswirkungen der höherrangigen Bestim-
mungen für die Mitgliedstaaten bestmöglich darzulegen, werde ich diese
sowohl in den nachfolgenden Ausführungen als auch im rechtsverglei-
chenden Kapitel 5 ausführlich erläutern. Ich werde jeweils skizzieren, ob
eine mitgliedstaatliche Pflicht zur Erteilung eines Aufenthaltsrechts be-
steht oder nicht.
Die Regularisierungszwecke 5 und 6 sind bislang maßgeblich im auto-
nom-nationalen Recht verankert und im Vergleich zu den Regularisierungs-
zwecken 1 bis 4 liegt keine ausgeprägte völker- und europarechtliche Durch-
dringung vor. Ich nehme vorläufig an, dass kontextuelle Eigenheiten zur
Entwicklung und Etablierung dieser Regularisierungen beigetragen haben.
Diese Hypothese wird im rechtsvergleichenden Kapitel 5 geprüft. Solche
kontextuellen Eigenheiten sind etwa ein hoher Bedarf an Arbeitskräften, der
durch inländische Arbeitskräfte nicht gedeckt werden kann.528 Dies bedeutet
aber nicht, dass die Union nicht auch Kompetenzen in diesem Bereich hat
und rechtsetzend tätig wurde.529 In Bezug auf die autonom-nationalen
Regularisierungszwecke besteht also ein Mosaik aus unionsrechtlichen und
mitgliedstaatlichen Regelungen. In diesem Punkt zeigt sich besonders, dass
die Unterschiede zwischen den zwei ausgemachten Kategorien bzw sechs
Regularisierungszwecken nur gradueller Natur sind.
Von den sechs identifizierten Regularisierungszwecken korrelieren drei
(„soziale Bindungen“, „Familieneinheit“ sowie „Erwerbstätigkeit und Aus-
bildung“) mit den von Bast im deutschen AufenthG ausgemachten
„Grundtypen genehmigungsfähiger Aufenthaltszwecke“530 (humanitärer
Schutz, Familieneinheit und Erwerbstätigkeit). „Ausbildung“ könnte als
vierter Grundtyp hinzugefügt werden. Dies ist bei näherer Betrachtung
aber zu verneinen, da der Begriff meist unter Erwerbstätigkeit (bzw Be-
526 Siehe Kapitel 2.B.III.1.b. und Kapitel 3.B.II.1.
527 Siehe hierzu bereits oben Kapitel 1.E. und unten Kapitel 3.B.II.1.
528 Siehe Kapitel 5.E.III. zur Diskussion betreffend den „Fachkräftemangel“ in
Deutschland oder Kapitel 5.E.I.-II. zur sozialen Verwurzelung bzw Arbeitsver-
wurzelung in Spanien.
529 Siehe Art 4 Abs 2 lit j AEUV.
530 Bast, Aufenthaltsrecht 219 verweist auf §§16-38a AufenthG.
Kapitel 2 – Die konzeptionelle Erfassung von Regularisierungen
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https://doi.org/10.5771/9783748902720, am 28.01.2020, 12:12:37
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
Regularisierungen irregulär aufhältiger Migrantinnen und Migranten
Deutschland, Österreich und Spanien im Rechtsvergleich
- Titel
- Regularisierungen irregulär aufhältiger Migrantinnen und Migranten
- Untertitel
- Deutschland, Österreich und Spanien im Rechtsvergleich
- Autor
- Kevin Fredy Hinterberger
- Verlag
- Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0272-0
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 514
- Kategorie
- Recht und Politik