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Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
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Herstellung vonWirklichkeit durchdas kulturelle GedĂ€chtnis bewirke ‚KohĂ€- renz‘.Assmanngehtdavonaus,dassderÜbergangvonursprĂŒnglich rituellen Mnemotechniken, die der Erzeugung undBewahrung vonKohĂ€renz dienten, auf textuelle Speichertechniken die Herausbildung von KohĂ€renz destabili- siert habe.111 Die Entwicklung von Schrift, die ausgelagerte Speicherung von Schriftlichkeit (bis hin zuFestplatten)unddas expansiveEntstehenvonganz unterschiedlichen schriftlichen Zeugnissen garantiere keineswegs mehr die Tradierung ihrer Inhalte oder die Implementierung indas kulturelleGedĂ€cht- nis. Somit sei ein Blockieren von Sinn imFluss der Traditionen–wie es der Kanon vollzieht– fĂŒr die Herstellung von textueller KohĂ€renz entscheidend. Kurz: Die Entwicklung und VerĂ€nderung von Schriftlichkeit evozieren Reak- tionenwiedieKanonisierung. Klassikforschung und Kanontheorie verschmelzen in jĂŒngster Zeit zu einem gemeinsamen Untersuchungsfeld. Sie rĂŒcken den auch fĂŒr die Biographik ent- scheidendenProzessderHerstellungvonKanons sowiedie daranbeteiligtenAk- teure indenForschungsfokus.Diese „Agenten“wirkenanderKanonbildungund Klassikergenese gleichermaßenmit.112 Die komplexe, dynamischeErzeugung von KanonsundKlassikern istmitdemBlick indieVergangenheitverbunden.ZurĂŒck- liegende literaturgeschichtliche ZeitrĂ€umewerden reduktionistisch geordnet, als wertvoll erachtete Inhalte bewahrt unddabei auchpersonifiziert (Schaukals Zeit- genossenbeginnen,vonder ‚Goethezeit‘zusprechen). Vor allemseit 1968 regte sichaber auf Seiten einer kritischenLiteraturwis- senschaft Widerstand gegen die identitĂ€tsstiftende, repressive Funktion von Kanons und gegen eine auf biographische GrĂ¶ĂŸe aufbauende KlassizitĂ€t.113 TheodoreZiolkowskiweist ineinerbegriffsgeschichtlichenEinordnungaufden Umstand hin, dass Kritiker zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Begriff ‚Tradi- tion‘ verwendeten, da ‚Kanon‘ pejorativ konnotiert gewesen sei.114 Das trifft 111 Vgl. JanAssmann:Das kulturelleGedĂ€chtnis. Schrift, Erinnerungundpolitische IdentitĂ€t in frĂŒhenHochkulturen.MĂŒnchen1999,S. 52–53undS. 76.MauriceHalbwachshatdavorden Zusammenhang von Erinnerung und ihrer sinnstiftenden Einbettung in einMilieu beschrie- ben; vgl. Halbwachs: Les cadres sociaux de lamĂ©moire. Paris 1925. Als Beispiele fĂŒrweitere ForscherinnenundForscher, die sichmit demThemabeschĂ€ftigt habenbeziehungsweise be- schĂ€ftigen, sind Aleida Assmann, Reinhart Koselleck, Henry Rousso und Paul RicƓur zu nennen. 112 Robert Charlier und GĂŒnther Lottes: Vorwort. In: Kanonbildung. Protagonisten und Pro- zessederHerstellungkultureller IdentitĂ€t.Hg.vonRobertCharlierundGĂŒntherLottes.Hanno- ver2009,S.7–12,hierS.7. 113 Vgl. Theodore Ziolkowski: Zur Politik der Kanonbildung. Prolegomena zumBegriff einer literarischen ‚Klassik‘ inDeutschland(1800–1835). In:Kanonbildung,S.33–50,hierS.42–43. 114 Vgl.Ziolkowski:ZurPolitikderKanonbildung,S.41–42. 30 Einleitung:WiderspruchsgeisteinesBeamtendichters
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Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
Titel
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
Autor
Cornelius Mitterer
Verlag
De Gruyter Open Ltd
Ort
Berlin
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-061823-5
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
312
Kategorien
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