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„Unddaswollenwiruns jetztmerken füralleZeit: esgilt, dabei zusein.Undwollendafür
sorgen, daßwirhinfort immeretwashabensollen,wobeimanseinkann.Dannwärenwir
amZieldesdeutschenWegs,undMinnesangundMeistersang,HerrWalter vonderVogel-
weide und Hans Sachs, Eckhart und Tauler, Mystik und Barock, Klopstock und Herder,
GoetheundSchiller, Kant undFichte, BeethovenundWagnerwärendann erfüllt.–“Wie
hängendenndiemit dir zusammen?Ah, ermeint vielleicht, daß sie enthoben sind. „Und
dashatunseremarmenGeschlechtdergroßeGottbeschert!GottseiDank!“122
1.4 BiographiealsErinnerungsort
AuchOrte, Ereignisse und Personen können im kollektiven Gedächtnis fixiert
werden, sind inFormvonDichterhäusern topographisch lokalisierbar oder als
Erinnerungsort lesbar.DerKanon ist indiesenFällendie steingewordeneLeis-
tungsschau großer Persönlichkeiten, Schauplätze, Taten undWerke einer Na-
tion, die in Abgrenzung oder im Vergleich zumKanon der anderen Nationen
das Selbstbild bekräftigt und eine kulturelle, vor allem aber auch nationale
Identitätmitherausbildet.
Die dreibändige Ausgabe Deutsche Erinnerungsorte, die in Anlehnung an
Pierre Noras in den 1980er und frühen 1990er Jahren verfassten Les lieux
demémoireentstanden ist,123 belegt einenneueren (historiographischen)Beitrag
zurErzeugungvonKlassizitätundKanonbildung.ZwarproblematisierendieHer-
ausgeber inderEinleitungeineFestlegungaufdeutscheErinnerungsorteunddie
strikteOrientierungamfranzösischenModell,dadeutscheGeschichtedurcheine
späte Nationalstaatswerdung sehr viel heterogenere Erinnerungsorte erzeuge
und aufgrund der historischen Ereignisse im 20. Jahrhundert wesentlich mehr
Brüche, Krisen, Tragödien und Traumata zu bewältigen habe. Dennoch richte
sichderFokusauf „Erinnerungsorte vonnationalerBedeutung“, denn in„unse-
renErinnerungenerkennenwir,werwir sind,waswirwerdenwollenundworin
wirunsvonanderenunterscheiden.“124Daswidersprichtder später formulierten
europäischen Intention des Projekts, das nicht sinnstiftendwirkenmöchte und
‚Deutschland‘ vom historischen Standpunkt des jeweiligen Epochenkontextes
aus betrachtet, den die Essays behandeln.125 Neben dieser Argumentation, die
122 KarlKraus:Die letztenTagederMenschheit. Tragödie in fünfAktenmitVorspielundEpi-
log.FrankfurtamMain1986,S. 147 (1.Akt, 19.Szene).
123 Vgl. Pierre Nora (Hg.): Les lieux de mémoire. 3 Bde. Paris 1997; Étienne François und
HagenSchulze (Hg.):DeutscheErinnerungsorte. 3Bde.München2001.
124 FrançoisundSchulze:DeutscheErinnerungsorte,S. 18undS. 13.
125 Vgl.FrançoisundSchulze:DeutscheErinnerungsorte,S. 19.
1 Biographie:GattungundTheorieamBeispielRichardSchaukals 33
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Titel
- Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Autor
- Cornelius Mitterer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-061823-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 312
- Kategorien
- Weiteres Belletristik