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Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
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eskapistische Literatur oder die Vernachlässigung sozialethischer Themen vie- lerDichterderWienerModerneverdeutlichen. Eine ganze Schriftstellergeneration beschwor vor allemnach 1918 die Ver- gangenheit, um sich der topographischenwie literarischenHerkunft zu verge- wissern und ein daraus ableitbares Zusammengehörigkeitsgefühl zu erzeugen. DieVerbindungzwischenZeitundOrt,diedabeidemBegriffNostalgie inhärent ist, wird in Schaukals Texten besonders deutlich. Claudio Magris datiert das AufkommeneineshabsburgischenMythosaufdasEndederMonarchie,derMy- thos istalso,wiedieNostalgie,eineEmpfindung,diesichrückwirkendentfaltet und erst imDiskurs Gestalt annimmt.20 Die tatsächlicheRückkehr zu den vor- maligenpolitischenwie sozialenVerhältnissenwirdnicht erwartet, derMythos bleibt eine utopische Sehnsucht. Nostalgie bezeichnet auch das „Unbehagen an der Gegenwart“, eine „von unbestimmter Sehnsucht erfüllte Gestimmtheit, die sich inderRückwendungzueiner vergangenen, inderVorstellungverklär- ten Zeit äußert, derenMode, Kunst, Musik o.Ä. manwieder belebt.“21 In The Future ofNostalgiabeschreibt SvetlanaBoymNostalgie alsGeisteshaltung,wie sie auch für Schaukal nachdemEndederDoppelmonarchie bezeichnendwar, als„longing forhomethatno longerexistsorhasneverexisted.“22 Nostalgie entwirft eineUtopie, ohnenotwendigerweisedie Zukunft imBlick zuhaben.23 Sie soll kein exaktesAbbild vergangener Epochen sein, sondern ein Gefühlbeschwören.Dementsprechendzähltdie idealisierteKindheitserinnerung zu den wiederkehrenden Nostalgiekonzepten in Schaukals Texten,24 ein poeti- schesSehnennachkindlichemGlück,dasauchbeiHofmannsthalwiederkehrt.25 Der 25-jährigeSchaukal schließt seineRezensionüber FerdinandvonSaars (1833–1906) Novellen mit dem Ausruf: „.. . glücklich, wer von uns seufzend noch ‚Damals!‘ sagen kann.“ Er entwirft darin einen literarischen ländlichen Rückzugsraum, um dem städtischen Literaturbetrieb und den geschmähten Dichtern des „jungenÖsterreich“ (worunter er Jung-Wien verstand) zumindest geistig zu entfliehen. Dabei verschweigt Schaukal nicht, dass auch er zu jenen „geschminkten, viel zu gedankenschweren, sehnensmüden, Enterbten“ gehöre 20 ClaudioMagris: Ilmito asburgico.Umanità e stile delmondoaustroungariconella lettera- turaaustriacamoderna.Torino1963. 21 [Art.] Nostalgie. In: DWDS–DigitalesWörterbuch der deutschen Sprache. https://www. dwds.de/wb/Nostalgie (zuletztaufgerufenam31. Juli 2019). 22 SvetlanaBoym:TheFutureofNostalgia.NewYork2001,S.XIV. 23 Vgl.Boym:TheFutureofNostalgia,S.XIV. 24 Vgl. Girardi: Der Dichter Richard von Schaukal als „Konservator“ der guten alten Zeit, S. 290–291. 25 Vgl.UlrikeTanzer: Fortuna, Idylle,Augenblick.AspektedesGlücks inderLiteratur.Würz- burg2011,S. 191–194. 58 I PoseundSubjektivierung imLebenRichardSchaukals
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Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
Titel
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
Autor
Cornelius Mitterer
Verlag
De Gruyter Open Ltd
Ort
Berlin
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-061823-5
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
312
Kategorien
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