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Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
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(wiederdasJungeWien),dieausdiesemGefühlherauseinemverlorengegange- nen„Einst“nachtrauern.26ObAntike,Mittelalter,Renaissance,Rokoko,Barock, Romantik oder Biedermeier: Schaukal perfektionierte seine rückwärtsgewandte Sehnsucht zueiner eigenen,produktivenTechnikdes„Pastiche“, zueinem„In- dividualstil des Künstlers“, der historische Stoffe undMotive von der Malerei auf die Literatur überträgt.27 Ebenso intermedial ausgerichtet sind seinebeiden 1907 erschienenen BücherGiorgione und Literatur, die sichmit verschiedenen aktuellen und traditionellen Kunstformen auseinandersetzen. Ihre Dialogform verweistaufdenzurZeitderRenaissanceblühendenParagone. Nachdem Schaukal vor allem zu Beginn des ErstenWeltkriegs engagierte Lyrikpublizierthatte,dasheißtbellizistischeGedichte inmartialischerDiktion, dämpfte sich seineWortwahl in den ab 1915 veröffentlichten Erzählungen, die ahistorisch einem verklärten Kindheitsidyll nachhängen. Nach dem Ende der Monarchie verstärkte sich die räumliche Komponente in Schaukals nostalgi- schenGefühlsbekundungen.DieVerbindungslinienzumHeimatraumwaren in erster Linie emotional gekappt worden, Schaukals Geburtsort Brünn lag nach 1918 in einemanderen Land, der Tschechoslowakei. EineRückkehr in denOrt derHerkunft,KindheitundJugendwarnichtmehrmöglich.Das ‚heimelige‘Ge- fühl,wie er es in seinenErinnerungenanMähren schildert, kehrte sich inUn- behagen, ins Unheimliche und verschob die Herkunftstopographie in einen literarischenVergangenheitsraumoderErinnerungsort.28 Sigmund Freuds (1856–1939) Ausführungen zum Unheimlichen (1919) gehen der etymologischen Semantik diese Begriffs nach und zeigen anhand vonE.T.A.Hoffmanns (1776–1822)DerSandmann (1816),wieetwasUrvertrautes plötzlich als Unvertrautes wahrgenommen wird, gerade weil es ursprünglich bekannt, familiär und heimisch war.29 Ein ähnlicher Fall der Inversion war Brünn, einst Schaukals Heimat, dannOrt des Un-Heimlichen. Der Erinnerung an das Haus seiner Kindheit haftet ganz im Sinne Freuds eine schauerliche Notean: „DasStammhaus, ausdem18. Jahrhundert, standdüster, schmalund 26 Schaukal: Ferdinand von Saar. Ein Meister der Novelle. In: Das litterarische Echo, 2. Jg. (1899),S. 1111–1115,hierS. 1114–1115. 27 ArianeMartin:WienerBarock. Rückwärts gewandte Sehnsucht unddie TechnikdesPasti- che als Individualstil in Richard Schaukals Gedicht „Rococo“. In: Eros Thanatos, Bd. 5–6 (2001/2002),S. 5–17,hierS. 13–14. 28 Brünn wurde ‚Mährisches Manchester‘ genannt und wies ähnliche soziale Konflikte auf wie die vielen anderen Industriestädte. Schaukals ErinnerunganBrünn ist,wie seinBild von Alt-Wien,einverklärtes Idyll. 29 Vgl. SigmundFreud: DasUnheimliche. In: Freud: Studienausgabe. Bd. 4: Psychologische Schriften.Hg.vonAlexanderMitscherlichu.a.FrankfurtamMain1970,S. 241–274. 2 BiographieundRetrophilie 59
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Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
Titel
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
Autor
Cornelius Mitterer
Verlag
De Gruyter Open Ltd
Ort
Berlin
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-061823-5
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
312
Kategorien
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