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Heine. Sein Leben in seinen Liedern hin. Dasmit Jugendstilornamenten verzierte
Titelblatt steht imZeichendeszujenerZeit florierendenBuchschmucks.4Auchder
KontaktzwischendemWorpsweder JugendstilgraphikerundMalerHeinrichVoge-
ler und demum1900 ebenso noch der JugendstilÀsthetik verhaftetenDichter ist
ein Resultat der Wechselwirkung von literaturbetrieblichem KalkĂŒl und Ă€stheti-
schemAnspruch.5DieDekorationenzieltennichtnuraufeinekaufkrÀftigeKlientel
der höherenBildungsschichten, sie bereitetenKĂŒnstlern auchdenWeg zuVeröf-
fentlichungenbeiprestigetrĂ€chtigenVerlagen.Esistanzunehmen,dassSchaukalâ
abgesehen von seinem starken Interesse fĂŒr dieMalerei und einemneuromanti-
schenHangzurUniversalpoesieâdenKontaktzuVogelergesuchthatte,umseine
Verse in einem angesehenen Verlag unterzubringen. Vogeler war bereits fĂŒr die
Zeitschriften Jugend und Die Insel tĂ€tig und hatte auch fĂŒr Eugen Diederichs
(1867â1930)undSamuelFischer (1859â1939) Illustrationenangefertigt.
Der Graphiker und der Dichter, beide keine unbeschriebenen BlÀtter im
kĂŒnstlerischenFeld, korrespondierten seit Juni 1900miteinander und arbeiteten
bereits an Pierrot und Colombine, als der Leipziger Verleger Hermann Seemann
dieVeröffentlichungzusagte.SeemannzeigtesichzunÀchstbegeistertvonder in-
termedialen Koproduktion, plante sogar eine exklusive Edition von Schaukals
WerkenundpubliziertenebenPierrotundColombine (1902) raschaufeinanderfol-
gendVorabend (1901) sowieVonTodzuTodundanderekleineGeschichten (1902).
In zweiterAuflageveröffentlichte erdenzunÀchst 1899beiTiefenbach inLeipzig
erschienenenBandTageundTrÀume (1902)undplante einenNeudruckder 1901
publizierten IntĂ©rieurs aus demLeben der ZwanzigjĂ€hrigen.6 âIhre Gedichtsamm-
lung âPierrotânehme ichgerne inVerlagâ, soSeemannamBeginnderKorrespon-
denz.Er stellte 25%vomBuchhÀndlerpreisproverkauftesExemplar inAussicht,
umdannironischanzumerken:âWennIhnenVogelerWorpswededieBildernicht
aus Freundschaft gratis geliefert hat,mĂŒsstenSie sichdannallerdings von Ihrer
Seitemit demKĂŒnstler auseinandersetzen.âDennbei einemVerkaufspreis von 2
bis3MarkkönneerâselbstverstĂ€ndlichkeinKĂŒnstlerhonorarbezahlen.â7
4 Vgl.HeinrichHeine.SeinLeben inseinenLiedern (1797â1856).EinBreviariumzum100.Ge-
burtstag.Hg.vonRichardSchaukal.Berlin1897.
5 Das fĂŒrSchaukalsWerksobezeichnendeZusammenspielvonLiteraturundbildenderKunst
setzte sich ĂŒber seinen Todhinaus bis in die 1960er Jahre fort. 1965 illustrierte JosephBeuys
(1921â1986) Schaukals ErzĂ€hlungen aus dem Prosaband Von Tod zu Tod; vgl. Juliane Oe-
streich: Joseph Beuys illustriert Richard Schaukal. In: Eros Thanatos, Bd. 5â6 (2001/2002),
S. 57â65.
6 Vgl.Leitner:RichardvonSchaukalundHeinrichVogeler,S. 10â11.
7 Brief Seemanns an Schaukal, 5. September 1901, zit. nach Leitner: Richard von Schaukal
undHeinrichVogeler,S. 11.SchaukalbeteiligteVogeleramHonorar.
1 VerlagsstrukturenundVerlagsnetzwerke 95
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Titel
- Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Autor
- Cornelius Mitterer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-061823-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 312
- Kategorien
- Weiteres Belletristik