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Renaissance-DramaFiorenzanegativ rezensierte. Diese Kritik hat zumabrup-
ten Bruch einer generell nicht sehr starkenVerbindung beigetragen. Abgese-
hen von einem kurzen Treffen in München entwickelte sich die Beziehung
schriftlich und in einem uniplexen Verhältnis. Während der Jahre, die der
Briefwechsel andauerte, steigerte sich Thomas Manns Bekanntheitsgrad be-
trächtlich, sodass er auf Schaukals Kritikertätigkeit nicht mehr angewiesen
war. Dieser erhoffte sich jedochweiterhin Rezensionen seinerWerke unddie
VermittlunganeinangesehenesdeutschesVerlagshaus,dadieLage fürDich-
ter inÖsterreichnichtgeradevielversprechendwar.39
SchaukalsKritikamRenaissancismusbesiegeltenichtnurdasEndedesbrief-
lichen Austausches mit Thomas, sondern zwei Jahre vorher auchmit Heinrich
Mann. Offenbar hatte sich Schaukal zuDie Göttinnen oder Die drei Romane der
HerzoginvonAssy (1902)wegendesdarinverarbeitetenhistorisierendenItalienbil-
desnegativgeäußert.40DaraufkonfrontierteHeinrichManndenösterreichischen
Kritiker und Dichter mit dessen eigener Epochen- und Traditionenfixierung.41
Eventuell wurde Schaukal von ThomasMann zu diesen Äußerungen angeregt,
der in einem Brief – den Empfänger zur Verschwiegenheit gemahnend – das
Werk seines älterenBruders kritisiert hatte.42 ThomasMannbrachte diese Indis-
kretionzurSprache:
Für IhrenschönenAufsatz inder„Rheinisch-Westf.Zeitung“schulde ichIhnennochmei-
nenDank, der herzlicher ausfallenwürde,wenn Siemich durch denAusfall gegenmei-
nenBruder, zudemSiesichverleiten ließen,nicht sosehr inVerlegenheitgesetzthätten.
Habe ich Ihnen je Veranlassung gegeben, zu glauben, ich könnte, besonderswenn von
mirselbst [sic!] dieRede ist, aneinerHerabsetzungderLeistungenmeinesBrudersWohl-
gefallenhabenodersie irgendgutheißen?43
WährendderBriefwechselmitSchaukalnochzwei Jahreandauerte, endeteder
Kontakt zu Heinrich Mann an diesem Punkt, auch wenn Schaukal mit einer
(nicht erhaltenen) schriftlichenErklärungdieWogen zuglätten versuchte,wie
ThomasMannsSchreibenvom25.September1903zuentnehmenist:
39 Vgl. den Brief Manns vom 8. Januar 1901 an Schaukal, in: Girardi (Hg.): ThomasMann:
BriefeanRichardSchaukal,S.36 (TMSch10).
40 Vgl.Pietzcker:RichardvonSchaukal,S. 201.
41 Vgl.denBriefHeinrichMannsanSchaukal, 27.September1903,S-NL,WB.
42 Am26. Januar 1903schreibtThomasMannanSchaukal:„WasdenRomanmeinesBruders
betrifft, sogestehe ichIhnen,daß ichdiesesBuchnurmitdemheftigsten innerenWiderstande
lese.NichtsaufderWelt istmir fremder.Selbstdemd’Annunzio fühle ichmichnochverwand-
ter“;Girardi (Hg.):ThomasMann.BriefeanRichardSchaukal,S.61 (TMSch33).
43 BriefTh.MannsanSchaukal, in:Girardi (Hg.): ThomasMann:BriefeanRichardSchaukal,
S. 76 (TMSch46).
104 III Schaukal inNetzwerkenundFeldernderModerne
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Titel
- Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Autor
- Cornelius Mitterer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-061823-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 312
- Kategorien
- Weiteres Belletristik