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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
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E. Fischers Auseinandersetzung mit der Sowjetunion 91 Veresaev und Aleksandr Tarasov-Rodinov dienen vor allem dazu, die ‚glühende‘ Sachlichkeit und unvermeidliche Härte des sozialistischen Aufbaus zu demonst- rieren. Fischer legitimiert diese Härten mit der gleichen Gedankenfigur, von der er schon in den zuvor behandelten Texten über die Akteure der Oktoberrevolu- tion Gebrauch gemacht hat:  „[D] ie bolschewistische Revolution hat gesiegt, aber sie hat gesiegt um den Preis der Revolution.“ [WRG  502] Die Kunst müsse in dieser Situation ihrer revolutionären Funktion gerecht werden und „eine Waffe in diesem Kampf “ sein. Daher stellt sich für Fischer mit Blick auf Gladkovs Roman auch nicht die Frage nach einer stilistischen Einordnung, denn er ist gar kein „Stück Literatur, sondern ein Stück Leben“ [WRG  504]. An dem Roman sei die Wandlung des russischen Geistes abzulesen; er bekenne sich zu Wirklichkeit, Härte und Präzision, er sei „der Geist des Marxismus, der Geist der Revolution“ [WRG  507]. Kurz darauf veröffentlicht Fischer als Gegenstück zu dem Artikel über Glad- kov eine Rezension von John Dos Passos’ Roman Manhattan Transfer unter dem Titel „Der Geist des Amerikanertums“. Hier konfrontiert er Gladkovs „Hymnus einer neuen Ordnung“ mit Dos Passos’ „Hymnus der Unordnung, […] d[er] Lust an der elementaren Sinnlosigkeit“.28 Fischer deutet die beiden Werke als antithetische Idealtypen:  „Russentum und Amerikanertum, Wille zu kollektiver Lebensgestaltung und Wille zu anarchischer Lebenstrunkenheit, Geist des Sozia- lismus und Geist des Kapitalismus  – in diese Formeln kann man die Gegensätze pressen, die sich hier in zwei Büchern konzentrieren.“ Was Fischer an Manhat- tan Transfer so faszinierend findet, ist die Intensität des Romans, dessen „berau- schende Unmittelbarkeit“ und das Erzähltempo, das mit dem „Flimmern eines Films“ verglichen wird. Bei der näheren Bestimmung der Erzähltechnik hebt Fischer auch das „Nebeneinander als Zeitgefühl, als Lebensgefühl“ hervor und kommt zu dem Befund, dass hier „die Systemlosigkeit des Lebens […] zur epi- schen Form“ werde. Die Haltung des Erzählers nennt Fischer „wunderbar tradi- tionslos“ und sieht in ihm einen „Forscher“, der Experimente zur literarischen Erfassung der sozialen Gegenwart macht. Allerdings „bejaht [der Erzähler] die bestehende Ordnung der Dinge, als sei sie ein Stück Natur“. Bei aller Würdigung von Dos Passos’ zeitgemäßer Erzähltechnik erblickt Fischer daher in Manhattan Transfer auch die Gefahr, dass durch die fesselnde Kraft des Werks der Kapitalis- mus „auf einmal zum geistigen Phänomen“ werde.29 28 Ders.:  Der Geist des Amerikanertums. In:  Arbeiter-Zeitung (15.1.1928), S.  17. 29 Vgl. ebd.
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
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