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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Seite - 107 -
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Miszellen zum Amerika-Russland-Diskurs 107 Reaktion auf Russlands wirtschaftliche Un-Entwickeltheit:  „Das Bekenntnis zu Amerika, es war das Bekenntnis zu den Voraussetzungen der Sozialisierung, die man in übermenschlicher Arbeit der Geschichte abtrotzen wollte.“45 Auch Fischers ‚Typologie‘ stützt sich auf literarische Quellen, doch der ‚Kanon‘ ist ein anderer, ein aktualisierter. Gleiches gilt für Lazar, aber auch Oskar M.  Fontana, der künstlerischen „Dokumenten“ wie zum Beispiel dem Potemkin-Film oder Il’ja Ėrenburgs Roman Michail Lykow (1927) den Vorzug gibt vor Berichten aus der Feder von Reisenden, die das „russische Leben“ gleich „Kriegsberichterstat- tern“ nach wenigen Wochen beurteilen möchten.46 Ėrenburg, der auch bei Lazar als Prototyp neuer russischer Literatur genannt wird, hat sein autopoetisches Selbstverständnis als Reporter-Literat, dem vor allem an „Objektivität“ gelegen ist, in der Wiener Zeitschrift Radiowelt 1930 wie folgt erläutert:  „Der junge Mensch, der zwischen den Maschinen aufwächst, kann nicht anders als in seinen schriftlichen Beobachtungen das Spiegelbild sei- ner Umwelt getreu aufzeichnen. Die Phantasie hat an literarischer Wertschät- zung eingebüßt“. Dieser Rapport zur Sachlichkeit wird von Ėrenburg als Facette des Amerika-Kults der russischen Jugend skizziert:  „Über Rußland geht heute der Stern Amerikas auf“, die Technik beschlagnahme „die Gedanken der heran- wachsenden Generation“, die „den Fußball entschieden dickleibigen Dostojew- sky-Bänden vor[zieht]“.47 von Streiks, Wahlkämpfen und parlamentarischen Machtverschiebungen“ vollziehe. Über „das Schicksal der kapitalistischen Welt“ werde zukünftig v.a. in den USA entschieden; im „große[n] Weltprozeß der sozialen Revolution“ sei der Bolsche- wismus „nur eine der vorübergehenden Formen und Phasen“ (Ders.:  Weltrevolu- tion. Wien:  Wiener Volksbuchhandlung 1919 (= Sozialistische Bücherei, H.  11)). Von seinem kritischen „Verhältnis zum Bolschewismus“ hat Bauer auch Zeugnis abgelegt in:  ders.:  Acht Monate auswärtiger Politik. Rede, gehalten am 29.  Juli  1919. Wien:  Wiener Volksbuchhandlung Ignaz Brand & Co. 1919 (= Sozialistische Bücherei, H.  12), bs. S.  8–10. 45 Ernst Fischer:  Wandlung des russischen Geistes. In:  Der Kampf, Nr.  11/1927, S.  499– 507. 46 Oskar M. Fontana:  Das heroische und das alltägliche Rußland. In:  Der Tag (15.1.1928), S.  17. 47 Ilja Ehrenburg:  Romane  – nein, elektrische Kraftwerke. In:  Radiowelt, H.  3/1930, S.  75; auch in:  Primus-Heinz Kucher/Rebecca Unterberger:  „Akustisches Drama“. Radioästhetik, Kultur und Radiopolitik in Österreich 1924–1934. Bielefeld:  Aisthesis 2013, S.  152f.
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
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