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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Seite - 153 -
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Deutungsmuster in Fülöp-Millers Reportage von 1926 153 Sowjetunion, in der gleichzeitig die 1921 initiierte Neue Ökonomische Politik zu einer Stabilisierung des Landes führen sollte.12 In Folge der Hungersnot waren es vor allem Hilfsorganisationen, die durch die Versorgung der betroffenen Gebiete erste Kontakte zwischen der UdSSR und dem Ausland herstellten und damit die späteren institutionellen Strukturen der Gesellschaft für die kulturelle Verbin- dung der UdSSR mit dem Ausland (Vsesojusnoe obščestvo kul’turnoj svjazi s zagranizej, kurz:  VOKS) vorbereiteten.13 1925, im Jahr deren Gründung, hatte Fülöp-Miller die Sowjetunion jedoch bereits zweifach bereist, weshalb anzu- nehmen ist, dass er sich noch ohne fest ausgebildete Überwachungsstrukturen vor Ort verhältnismäßig frei bewegen hatte können. Laut Gerd Koenen konnte die Gruppe früher Reisender grundsätzlich sogar in Kontakt zu Mitgliedern der sowjetischen Führung treten:  „Einmal in Moskau, bewegte man sich erstaunlich leicht und ungezwungen im inneren Zirkel dieser jungen Macht, die noch ganz improvisiert und unzeremoniell wirkte und viele Züge eines etwas bohèmehaf- ten Feldlagers trug.“14 Es ist nicht belegt, ob oder mit welchen Persönlichkeiten der politischen Führung Fülöp-Miller tatsächlich Kontakt gehabt hat, auch wenn solche Kontakte durch originäre Aussagen von Lenin und Trockij in Geist und Gesicht zum Teil suggeriert werden.15 Mit mehreren zentralen Kulturakteuren jedoch stand er vor Ort nachweislich in Austausch, wovon unter anderem eine Korrespondenz mit dem in Westeuropa bereits populären Theaterregisseur Vse- volod Mejerchol’d zeugt.16 12 Vgl. Matthias Heeke:  Reisen zu den Sowjets. Der ausländische Tourismus in Russland 1921–1941. Münster:  Lit Verlag 2003, bs. S.  15–17; Dietmar Neutatz:  Träume und Alpträume. Eine Geschichte Russlands im 20.  Jahrhundert. München:  Beck 2013, S.  170–193. 13 Vgl. Julia Köstenberger:  Österreichisch-sowjetische Kulturkontakte im Überblick. In:  Verena Moritz u.a. (Hgg.):  Gegenwelten. Aspekte der österreichisch-sowjetischen Beziehungen 1918–1938. St. Pölten:  Residenz 2013, S.  231–249, hier S.  232; Matthias Heeke:  Reisen nach Moskau:  Organisierte Trampelpfade der Fremdwahrnehmung? In:  Walter Fähnders u.a. (Hgg.):  Berlin, Paris, Moskau. Reiseliteratur und die Metro- polen. Bielefeld:  Aisthesis 2005 (= Reisen Texte Metropolen, Bd.  1), S.  169–190, hier S.  170f. 14 Gerd Koenen:  „Indien im Nebel“. Die ersten Reisenden ins „neue Rußland“. Neun Modelle projektiver Wahrnehmung. In:  ders. (Hg.):  Deutschland und die Russische Revolution. München:  Wilhelm Fink 1998, S.  557–615, zit. S.  558. 15 Etwa durch Aussagen wie:  „Hörte man Lenin sprechen, so vernahm man Worte, […] die […] vielleicht sogar banal gewesen wären, hätte nicht eben er sie angewendet.“ [GG  37] 16 Fülöp-Miller traf Vsevolod Mejerchol’d offenbar mehrmals in Moskau und blieb auch nach seiner Rückkehr nach Wien mit ihm in Kontakt, u.a. um eine Theatertournee
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
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