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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Seite - 206 -
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Barbara Lesák206 2.2 Die Tourneen der russischen Kleinkunstbühnen:  Der Blaue Vogel und die „Grauen Vögel“ auf ihrem Halt in Wien21 Das russische Kabarett kam schon aus sprachlichen Gründen gänzlich ohne politische Anspielungen aus; es schwelgte nostalgisch in folkloristischen Sze- nen über das „Väterchen Russland“, aber es griff auch einige populäre sowie mondäne Themen aus der neuen Welt, in die es nun exiliert war, auf. Was den russischen Kleinkunstbühnen letztlich den großen Erfolg beschert hat, ist schwer präzise zu bestimmen; vermutlich wird die farbenfrohe, ansprechende Verpackung eher harmlos-traditionalistischer Inhalte dazu beigetragen haben. Die russischen Szenen- und Kostümgestalterinnen und -gestalter der Klein- kunstbühnen gehörten mehr oder weniger der zweiten oder dritten Garnitur von Künstlern an, die aber immer noch auf hohem Niveau das innovative künstlerische Potential der russischen Kunstszene des ersten Viertels des 20.  Jahrhunderts repräsentierten. Sie gestalteten die Szenen nach den neuesten, bereits im vorrevolutionären Russland entstandenen Stilrichtungen  – Kubofu- turismus, Primitivismus, Suprematismus und Rayonismus  –, die eigenständige beziehungsweise weiterführende russische Spielarten von westeuropäischen Kunstströmungen wie Expressionismus, Futurismus oder Kubismus waren. Das Credo der Abstraktion wurde von ihnen bewusst ins Dekorative gewendet, mitunter auch ins Gefällige, wodurch das verstörend Neue der Gegenstandslo- sigkeit geglättet, verflacht, aber auch kommensurabel wurde. Im Sog der Gast- spiele dieser russischen Gäste der heiteren Muse konnte der neue Kunststil aus Russland auch einem kunstfernen Publikum nahegebracht, gleichsam popula- risiert werden. Zudem war die musikalische Untermalung der Kurzszenen, in denen häufig gesungen wurde, äußerst niveauvoll:  Von anonymer Volksmu- sik über Michail Glinka bis zu Modest Mussorgsky reichte der weit gespannte musikalische Bogen. Jascha Južnyjs noch in Moskau 1917 gegründete Kabarettbühne Der Blaue Vogel, mit der er nach Berlin emigrierte und die er 1921 in einem kleinen 21 Alfred Polgar schenkte den russischen Kleinkunstbühnen viel Aufmerksamkeit. Er konstatierte zwei Kategorien von russischen Kabaretts:  den „Blauen Vogel“  – das Original  –, dessen Kabarett-Kunst vollendet sei, sowie eine ganze Fülle von, wie er es nannte, „Grauen Vögeln“, die den „Blauen Vogel“ nur nachahmen, ihn jedoch nie übertreffen könnten (vgl. Alfred Polgar:  Der blaue und die grauen Vögel. In:  Die Weltbühne, H.  35/1923, S.  217–220, zit. bei:  Molnári, Das russische Theater, S.  55).
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
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