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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Seite - 237 -
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Zur Rezeption des sowjetrussischen Theaters 237 eines „der wichtigsten literarischen Dokumente über das neue Russland“,75 für Fritz Rosenfeld in der Arbeiter-Zeitung schonungslos in der Kritik an den selbst- süchtigen Jongleuren mit revolutionären Schlagworten; zudem vermittle es ein starkes Bild der Umwelt, in der die Studententragödie abläuft.76 Von der bür- gerlichen Kritik wurde das in einem kleinen Theater gespielte Stück nicht zur Kenntnis genommen; über die Reaktionen auf Mond von links von Vladimir Bill’-Belocerkovskij, einem ebenso wie Vladimir M.  Kiršon Stalin nahestehen- den Autor, kann nichts gesagt werden, da die Aufführung, wie schon angemerkt, in keiner Wiener Zeitung besprochen worden ist. 5 Schlussbemerkung Bereits Ende 1921 verlor das von Keržencev propagierte autoaktive Arbeiter- theater in Russland seine Autonomie und veränderte daraufhin tiefgehend seine Praxis. Die Moskauer Blaue Bluse, die gewisse Prinzipien des Proletkults fort- entwickelt hatte, wurde im Dezember 1928 aufgelöst, ein Jahr nach ihrer trium- phalen, äußerst einflussreichen dreimonatigen Deutschlandtournee. Anfang der 1930er Jahre hatte, zugleich mit der Avantgarde, in der Sowjetunion das Agit- prop-Theater in seiner traditionellen Form zu existieren aufgehört.77 Zur selben Zeit erreichte die theatrale Agitationstätigkeit der Wiener Sozialistischen Ver- anstaltungsgruppe in paradoxer Weise ihren Höhepunkt. Das Paradox bestand darin, dass sich die Agitation umso mehr verstärkte, je mehr die Sozialdemo- kratie an Einfluss verlor und in die Defensive gedrängt wurde. Daher rührt die häufig geäußerte Kritik, die Veranstaltungsgruppe habe, vor allem mit den Masseninszenierungen, die Illusion der Stärke der Arbeiterbewegung aufrecht- erhalten und so die Widerstandskraft der Parteimitglieder geschwächt.78 In den Szenen und Sprechchören der Roten Spieler ab 1932 aber richtete sich die Agita- tion klarsichtig und praktisch ausschließlich gegen die Nationalsozialisten, deren 75 X.:  „Rost“. Aufführung der Wiener Jungen Bühne in der Komödie. In:  Das Kleine Blatt (18.2.1931), S.  10. 76 Vgl. Fritz Rosenfeld:  Revolution und Revolutionäre. „Rost“ von Kirchon und Oubrensky. Aufführung der Wiener Jungen Bühne. In:  Arbeiter-Zeitung (18.2.1931), S.  6. 77 Vgl. Jean-Pierre Morel:  Les phases historiques de l’agit-prop soviétique. In:  Bablet, Le théâtre d’agit-prop, S.  31–48. 78 Vgl. z.B. Roberto Cazzola:  Die proletarischen Feste zwischen proletarischer Pro- pädeutik und ästhetischem Ritualismus. In:  Wiener Tagebuch, Nr.  4/1981, S.  18–20; Alfred Pfoser:  Massenästhetik, Massenromantik, Massenspiel. Am Beispiel Öster- reichs:  Richard Wagner und die Folgen. In:  das pult, Nr.  66/1982, S.  58–76.
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
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