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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Seite - 249 -
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Brands Oper Maschinist Hopkins und die Avantgarde 249 dieser Dreierkonstellation geschieht nun eine Urkatastrophe, die einen ähnlich tragenden Einfluss auf den Verlauf der Handlung ausübt, wie der machthung- rige Diebstahl des Rheingolds durch Alberich in Wagners Ring des Nibelun- gen:  Jim und Bill geraten in der nächtlichen Maschinenhalle in einen Kampf, der mit dem Mord Jims, eingebettet in ein spukhaftes Setting von scheinbar leb- haften Maschinen, endet. Die gesamte Handlung entwickelt sich nun aus dieser Urszene heraus:  Fünf Jahre später ist Bill zum profitsüchtigen Firmendirektor aufgestiegen, der die Zukunft des Arbeitervolks in seinen Händen trägt, und Nell, nunmehr seine Frau, verfolgt eine Karriere als Schauspielerin (Akt 1). Mit seiner kriminellen Vergangenheit wird das Paar erstmals konfrontiert, als die Titelfigur Hopkins, ähnlich wie ursprünglich der ermordete Jim, Lohnerhöhun- gen für das Volk fordert, die Bill jedoch kühl kalkulierend ablehnt. Hopkins wird gekündigt und erhält durch Erzählungen der Arbeiterschaft (Akt 2)  Einblicke in die zurückliegende Tat, erpresst damit zunächst Nell, um sie erfolgreich in die Rolle einer Dirne zu zwingen (Akt 3), und später auch Bill, der dadurch an Macht einbüßt. Die Handlung kulminiert in einem der Anfangsszene glei- chenden Konflikt, der wiederum in der nächtlichen Maschinenhalle, diesmal zwischen Bill und Hopkins, ausgetragen wird. In einem Akt religiöser, fast mes- sianischer Kraft bezwingt Hopkins Bill und verkündet ein neues Zeitalter, das von der einmarschierenden Arbeiterschaft und dem anbrechenden Tag, der die Maschinenhalle göttlich illuminiert, besiegelt wird. Die Oper schließt mit den höchst euphorisierten Rufen „Arbeit! Arbeit! Arbeit!“ im ganzen Volk, zu denen Brand annotiert, dass der Eindruck erweckt werden solle, als marschierten die Arbeiter „geradeaus in den Zuschauerraum“.38 Für die Reflexion eines solchen am Ende siegreichen „neuzeitlichen“ Men- schen, so wie ihn auch der russische Futurismus herbeisehnt, ist der Protagonist Hopkins  – trotz Ambivalenzen39  – als direktes Sprachrohr der Maschinen, zu welchen er sich mehrmals bekennt, zentral. Michael Heinemann schreibt der Hopkins-Figur die Suggestionskraft für ein „neue[s] Menschentum in der Selbst- aufgabe“ zu, das sich „zugunsten eines in organischem Zusammenspiel wirken- den Mechanismus“ herausbildet.40 Individualität ist in diesem neuen Menschen 38 Partitur, S.  275. 39 Widersprüchliche Figurenzuweisungen entzünden sich vor allem an der Gerechtig- keit, die er dem Volk zumisst, und den weit über das Maß moralischen Handelns hinausgehenden Mitteln, mit denen er kämpft. 40 Michael Heinemann:  Mythische Maschinen:  zu Max Brands „Maschinist Hop- kins“. In:  Markus Böggemann/Dietmar Schenk (Hgg.):  „Wohin geht der Flug?
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
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