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Rudolf von Eitelberger
– Architekturkritik 205
verhindern.121 Dabei ging es ihm nicht nur darum, eine positiv besetzte Epoche des
Neuanfangs von einer »Verfallsepoche« abzugrenzen, sondern auch um die Verortung
Österreich-Ungarns im »Westen« – und nicht im »Orient«.122 Wie Rampley gezeigt
hat, waren solche Bemühungen, die Eitelberger in seinen Publikationen zu Dalmatien
fortführte,123 auch politisch motiviert : Durch die Marginalisierung des byzantinischen
Erbes in dem Kronland sollte einem wachsenden Einfluss Russlands entgegengewirkt
werden, den dieses unter dem Schlagwort des Panslawismus und mit Hilfe der ortho-
doxen Kirche auf die südslawischen Untertanen Habsburgs ausübe.124 Nichts einzu-
wenden hatte Eitelberger bezeichnenderweise gegen die Verwendung byzantinischer
Stilelemente im Fall der von Ludwig Förster entworfenen Großen Synagoge in Pest von
1854–1859.125 Inwieweit Eitelbergers inkludierende und exkludierende gesellschaftliche
Ordnungsvorstellungen von den Betroffenen aufgenommen wurden und seine Schriften
sich auf ihre Bauvorhaben auswirkten, ist somit eine durchaus brisante Frage.
Aus Jindřich Vybírals Untersuchung der kunstkritischen Schriften jüngerer Vertreter
der Wiener Schule zum zeitgenössischen Architekturgeschehen geht hervor, dass auch
im frühen 20. Jahrhundert Kunsthistoriker in diesem Genre den Pfad strenger Wis-
senschaftlichkeit verließen, um mittels subjektiver und zeitgebundener Interpretationen
den ›korrekten‹ Weg zukünftiger Entwicklungen aufzuzeigen, wobei die Absicherung
der Argumentation mittels formaler Analysen ebenso wie eine entsprechende Doku-
mentation vernachlässigt wurde.126 Noch zu Lebzeiten Eitelbergers hatte Albert Ilg da-
mit begonnen, das zeitgenössische Baugeschehen mit pädagogischem Impetus und aus
ideologisch-politischem Blickwinkel zu kommentieren.127
121 R. Eitelberger von Edelberg, Byzantinisch und romanisch/Die byzantinischen Bauformen/
Der romanische Baustyl im Verhältnis zu den anderen Baustylen des Mittelalters (Zur Orien-
tierung auf dem Gebiete der Baukunst und ihrer Terminologie I–III), in : Mittheilungen der k. k.
Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale, 1, 1856, Nr. 4, S. 49–53,
Nr.
5, S.
69–77, Nr.
7, S.
117–121.
122 Rampley, Vienna School (zit. Anm.
23), S.
169 f.
123 R. Eitelberger von Edelberg, Die mittelalterlichen Kunstdenkmale Dalmatiens in Arbe, Zara,
Traù, Spalato und Ragusa, in : Jahrbuch der k. k. Central-Commission zur Erforschung und Er-
haltung der Baudenkmale, 5, 1861, S. 129–312 ; in erweiterter Form erneut veröffentlicht unter
dem Titel : Die mittelalterlichen Kunstdenkmale Dalmatiens in Arbe, Zara, Nona, Sebenico, Traù,
Spalato und Ragusa (Gesammelte kunsthistorische Schriften von Rudolf Eitelberger von Edelberg,
IV), Wien 1884.
124 Rampley, Vienna School (zit. Anm.
23), S.
23–25, S.
170 f.
125 N.
O. [Eitelberger], Kunstzustände in Pesth (zit. Anm.
72), S.
174.
126 Vybíral, The Vienna School of Art History (zit. Anm.
72), insb. S.
16.
127 Stachel, »Vollkommen passende Gefäße« (zit. Anm.
84).
Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Titel
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Untertitel
- Netzwerker der Kunstwelt
- Autoren
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 562
- Kategorie
- Biographien