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32 Elisabeth Hassmann
seinem Pensionsgesuch vom Dezember 1791 umreißt der damals 75-jährige Nagel
seine „theils bey mathematischen, theils bey verschiedenen anderen Vorfällen ununter-
brochen“ geleisteten Dienste, und zwar bei „Untersuchung der erbländischen Selten-
heiten der Natur; bey dem Donau-Strom- und Brucken-Bau; bey Unterrichtung
Sr. K. H. des Erzherzogs Karl43 seel. ged[enkens] in den mathematischen Wissenschaf-
ten; bey der Einführung der neuen Salz-Sud Manipulation zu Halle in Tirol; bey der
Zimentirungs-Hofkommission; bey Aufnehmung des Plans der Stadt Wien und ihrer
Vorstädte; bey der Direktion des physischen Hofkabinets“.44 Nagel war außerdem,
wie auch Marcy zuvor, Studiendirektor der Philosophischen Fakultät an der Wiener
Universität für die mathematischen und physikalischen Studienfächer sowie Beisitzer
der Studienhofkommission. In den Akten des Oberstkämmereramtes scheint Nagel
kaum auf. Auch sein bis 1765 zurückreichender Tätigkeitsbericht für das Physikalische
Kabinett ist geradezu dürftig.45 Umso länger und detaillierter war hingegen seine vor
Juli 1781 abgefasste Stellungnahme zu dem Buch Selbstschreibende Wundermaschi-
nen46, das der Kabinettsinspektor Friedrich von Knauß drucken ließ, worin sich dieser
den Titel Direktor anmaßte.47
Immerhin erfahren wir durch Nagels Stellungnahme von 1781, dass Marcy von den
beiden Schauräumen des Physikalischen Kabinetts den ersten und Nagel den zweiten
konzipiert habe. Sowohl Marcy als auch Nagel dürften im Übrigen aber kaum Kabi-
nettsdienst geleistet haben. Es ist wohl kein Zufall, dass das Kabinett nach dem Tod
von Knauß im Jahr 1790 aufgehoben wurde,48 obwohl Nagel damals noch im aktiven
Dienst stand. Trotz der hohen fach
lichen Qualifikation seiner beiden Direktoren ist
zum Physikalischen Kabinett kein Katalog erschienen. Da auch das einzig belegbare
Inventar von 177349 verschollen ist, liegen nur wenige verläss liche Quellen zum ehe-
maligen Sammlungsbestand dieses Kabinetts vor. Ebenso mit Vorsicht zu bewerten ist
eine undatierte Gouache, die angeblich den Unterricht der Erzherzöge im Physikali-
schen Kabinett zeigt (Tafel 2).50 Der ältere Herr mit Brille könnte Joseph Nagel sein,
wofür das vor ihm ausgebreitete kartographische Planmaterial spricht. Der dargestellte
Raum kann jedoch allein aufgrund der beidseitigen Belichtung und der hohen Lage
über der Stadt nicht einen der Schauräume des (zwischen August 1790 und Jänner
1791 geräumten) Physikalischen Kabinetts im Neuen Augustinergang darstellen.51
43 Erzherzog Karl Joseph, siebentes Kind von Maria Theresia und Franz Stephan.
44 Eigenhändige Ausfertigung vom 1. Dezember 1791; Wien, HHStA, Oberstkämmereramt, Akten
Serie B, Karton 14, Nr. 173, liegt ein in Nr. 17 ex 1792, unfoliiert.
45 Undatierte eigenhändige Ausfertigung, wohl Mai/Juni 1787; Hassmann 2015, Nr. 491.
46 Knauß 1780.
47 Schönburg-Hartenstein 1987, 95–96; in vollem Wortlaut bei Hassmann 2015, Nr. 203.
48 Schönburg-Hartenstein 1987, 102–103; Hassmann 2015, 28 und Anmerkung zu Nr. 11.
49 Es wurde im Zuge der Generalinventur der k. k. Sammlungen 1772/1773 erstellt und lag Ende
Dezember 1774 in zweifacher Ausfertigung vor; ebenda, Nr. 32.
50 Schönburg-Hartenstein 1987, 4, 96; mit Datierung 1790.
51 Eher käme einer der beiden Räume des Astronomisch-mathematischen Turms an der Südecke der
Alten Burg infrage, der 1793 bereits benützbar war; Huber-Frischeis / Knieling / Valenta 2015,
Schöne Wissenschaften
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Titel
- Schöne Wissenschaften
- Untertitel
- Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Autor
- Nora Fischer
- Herausgeber
- Anna Mader-Kratky
- Verlag
- Österreichische Akademie der Wissenschaften
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8642-7
- Abmessungen
- 20.9 x 29.3 cm
- Seiten
- 306
- Kategorie
- Kunst und Kultur