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Nach 1918
Die schwierige Versöhnung - Italien, Österreich und Südtirol im 20. Jahrhundert
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64 Maddalena Guiotto mit Sicherheit nicht als besten Garanten für eine Autonomie mit verbesserten sozioökonomischen Bedingungen für die Trientiner ansehen konnte. Die Unfähigkeit, eine Strategie gegen die Teuerung zu entwickeln, und die Opposition des Nationalverbandes führten zum Sturz der Regie- rung Gautsch und deren Ersetzung durch eine Beamtenregierung unter Graf Stürgkh. Obwohl die neue Regierung ständig am Rande der Krise stand, konnte sie sich lange halten und stellte den Höhepunkt der österreichischen Tradition dar, mithilfe von Notverordnungen gegen das Parlament zu regie- ren. In der gesamten Regierungszeit des Ministeriums Stürgkh, also von 1911 bis 1914, trat das Abgeordnetenhaus immer nur kurze Zeit zusammen, um auf Regierungsinitiative über konkrete Vorhaben zu debattieren – ständig mit der Drohung einer Vertagung, wenn man sich an den „von oben ausgespro- chenen Willen“ nicht anpasste66. Hier stagniert alles, ein einziger Sumpf. Der Saal ist halbleer, schrieb De Gasperi in einem Artikel über die Parlamentsarbeiten. Auf der Ministerbank vertrete ein Generalmajor zwischen dem einen oder anderen Gähnen die Landesverteidigung und in den Arbeitsbereichen scharten sich die Anhänger um einen Abgeordneten, der für die Stenografen einen jämmerlichen Mono- log rezitierte. In einem anderen Arbeitsbereich habe ein Dalmatiner erklärt, wie seiner Meinung nach Österreich-Ungarn umgestaltet werden müsse. Daraufhin erhob sich ein Ruthene, um zu fragen, ob seine Landsleute nicht besser in Russland aufgehoben wären. Ein böhmischer Agrarier habe einigen die Postulate seines Wahlkreises ins Ohr geflüstert, aber niemand wusste, wo dieser sei, abgesehen von seinen engsten Hausfreunden. So ginge es den ganzen Tag weiter. Das nennt sich „Parlamentsdiskussion“ und die Abgeordneten sprechen von „hoher Kammer“ und die Journalisten schreiben von „Parlamentsarbeiten“, teilen telegrafisch oder telefonisch davon mit. Ah, wenn es Worte gäbe, um den Gedanken auszudrücken, müsste man diese langweilige Sinnlosigkeit nicht hohen Sumpf nennen, in dem Frösche quaken, jeder für sich, als würde die Welt außerhalb nicht existieren? Hin und wieder erscheint der Ministerprä- sident wieder auf dem Podium. Es ist eine große und magere Gestalt, die par- 66 Ara, Governo e parlamento 151 f.
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Die schwierige Versöhnung Italien, Österreich und Südtirol im 20. Jahrhundert
Titel
Die schwierige Versöhnung
Untertitel
Italien, Österreich und Südtirol im 20. Jahrhundert
Autoren
Andrea Di Michele
Andreas Gottsmann
Luciano Monzali
Herausgeber
Karlo Ruzicic-Kessler
Verlag
Bozen-Bolzano University Press
Ort
Bozen
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-SA 4.0
ISBN
978-88-6046-173-5
Abmessungen
16.0 x 23.0 cm
Seiten
616
Schlagwörter
20. Jahrhundert, Österreich, Südtirol, Italien, Geschichte
Kategorien
Geschichte Nach 1918
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