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Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
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268 Kommentare anderen landesfürstlichen Städten und Märkten im Land unter der Enns auch, große wirtschaftliche Veränderungen. Alle Grundstücke, der Wein- und Körnerzehent sollten verpachtet, das Spitalvieh verkauft und das Spitalgeld krisensicher angelegt werden. Die Naturalverpflegung der Spitalinsassen wurde zugunsten einer täglichen „Geldportion“ aufgelöst (7 xr. pro Tag). Das Gehalt des Spitalmeisters, der bislang 100 fl. jährlich er- halten hatte, wurde auf 40 fl. herabgesetzt; der Superintendent sollte sein Amt dagegen gratis versehen. Die Spitalmeierei sollte verpachtet werden, somit konnte das Gehalt der Meiersleute (Meier 26 fl., Meierin 8 fl., Magd 8 fl.) eingespart werden. Das Spital, das bislang jährlich 60 fl. an das Siechenhaus abgegeben hatte, unterstützte die Armen nicht mehr, weil diese aus der jeweils freitags stattfindenden Kollekte einen Zuschuss erhiel- ten. In diesem Kontext entstanden auch die Spitalregeln von 1756 (Edition Nr. 127, S. 887–889), die einerseits den katholischen Glauben als Voraussetzung festlegten und das Gebetsregime im „geistlichen Haus“ fixierten10. Der Spitalmeister sollte seine Arbeit aus christlicher Nächstenliebe gratis versehen; aufgrund der großen Arbeitsbelastung wurde in der Ratssitzung vom 10. Jänner 1774 beschlossen, eine Besoldung von 40 fl. zu bewil- ligen. Die Instruktion vom 30. Dezember 1775 (Edition Nr. 128, S. 889–891) definiert genau seine Pflichten, auch der Hausverwalter (1840er Jahre11, Edition Nr. 130) und der Stadtarzt (Edition Nr. 129, S. 891f.) wurden in die Verschriftlichung der Pflichten einbezogen. Der Großbrand vom 14. Februar 1833 zerstörte neben 38 Häusern und vier Wirtschaftsgebäuden auch das Gebäude des Bürgerspitals, das 1835 vom bürgerlichen Maurermeister Joseph Schwerdfeger neu errichtet wurde (Kostenpunkt 16.800 fl.)12. Vor dem Wilhelmsburger Tor (heute Europaplatz) bestand neben dem städtischen Spital ein 1324 („prope leprosos“) erwähntes „Sundersiechenhaus“13, das für die Auf- nahme von Leprosen bestimmt war und sich im Spätmittelalter als Versorgungshaus für die unterbürgerlichen Schichten, für das städtische Dienstpersonal und für die Ar- men etablierte. Der Name „Sundersiechen“ verschwindet ab etwa 1500 aus den Quel- len, Vergabungen erfolgten ab dann meist „Zue Unser Frawen bey den armen leytten“ bzw. „den armen leutten zue Unser Frawen vor Wilhalmbspurgerthor“. Abbrucharbeiten 1531/1532, die nicht zwingend mit dem Osmaneneinfall von 1529 in Verbindung stehen müssen, dienten nach den Plänen des Stadtrates dazu, das Siechenhaus vor der Stadt ganz abzubauen. Ab den 1560er Jahren findet das von zwei Siechenvätern verwaltete Siechen- haus vor der Stadt aber in den Testamenten erneut Erwähnung14. Schon die Infektions- ordnung von 1551 sieht aber vor, die Bettler nicht in die Stadt zu lassen, sondern in das Siechenhaus vor dem Wilhelmsburger Tor zu schaffen. Nach einer erneuten Devastierung 1683 errichtete man das Siechenhaus durch eine Almosensammlung (Kosten des Wieder- aufbaues 600 fl., Ratsbeschluss 8. Oktober 1683) erneut. Im Jahr 1732 ordnete der Stadt- rat an, einen Kotter (Gefängnis) im Siechenhaus für „insolente“ Bewohner einrichten zu 10 Die Spitalregeln erscheinen davor schon in einzelnen Anordnungen des Stadtrates vormodelliert, etwa 1731 wird festgelegt, dass alle Spitalinsassen bei jedem Begräbnis mitzugehen hatten, Schönfellner- Lechner, Krems und St. Pölten 338. 11 Herrmann, Geschichte St. Pöltens II, 241. Johann Hielber (Weißgerber) und Karl Neidlinger tau- chen im Bürgerkorps von 1848 auf. Bei Joseph Hassack handelt es sich vermutlich um einen Verwandten des späteren St. Pöltner Bürgermeisters August Hassack (Apotheker, Bürgermeister 1850–1859). 12 Karl–Brückler, Kunstdenkmäler der Stadt St. Pölten 249–251. 13 Helleiner, Zur Geschichte 10f.; auch zum Folgenden. 14 Gutkas–Lenk, St. Pölten 52 nennt 1561 als Wiederaufbaudatum (?); zu den Siechenvätern Hüb- ner, Studien 37.
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Spital als Lebensform Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Spital als Lebensform
Untertitel
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
Band
1
Autoren
Martin Scheutz
Alfred Stefan Weiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79639-8
Abmessungen
17.5 x 24.7 cm
Seiten
432
Kategorie
Medizin
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