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Streitigkeiten und Zwisten, die ebenso unangenehm, als bei ahn«
lichen Verhandlungen unausweichlich sind, zuvorkommen und steuern
wollte: aber gelang etwa diese Abficht auf dem betretenen Wege?
Die Geschichte der letzten vier Jahre giebt davon lautes und un-
zweideutiges Zeugnis. Eine Art von Eorrectiv dieses, wenn ich so
sagen darf, politisch logischen Fehlers schien in dem ß 14 des
Februarpatentes gegeben zu sein, in dem ausdrücklich die Rede da-
von ist, daß Abänderungen und Verbesserungen desselben in allen
feinen Theilen legal möglich sind; weswegen auch wir Böhmen
nach kurzem Bedenken keine Opposition erhoben, sondern unsere
Zustimmung und Theilnahme zum begonnenen Werke der politi-
schen Verhandlungen brachten, da wir fortwährend der Hoffnung
lebten, daß jener Paragraf tatsächlich zur Wahrheit werden würde-
In dieser Hoffnung bestärkten uns im I. 1861 nicht nur häufige
Privatreden von Regierungsmännern, sondern auch ihre halb-
amtlichen oder wenigstens officiosen Organe, welche öffentlich er-
klärten, daß es keineswegs den Anschein habe, als ob ein end-
giltiges Verständigen und Übereinkommen zwischen der Regierung
und uns bei den in unserem Programme ausgesprochenen An-
forderungen auf wesentliche Hindernisse stoßen sollte. Wie eitel sich
jedoch diese Hoffnung erwies, beweisen alle Ereignisse der letzten
Jahre; die schmerzlichste und geradezu unheilbare Wunde schlug ihr
die am böhmischen Landtage den 10. März 1863 gemachte Er-
fahrung. Ritter Schmerling scheint, wie es ja allgemein belannt
und anerkannt ist, auch bei den Ungarn und Lroaten unter Trans-
action und Übereinkommen stets nur ihre zuvorkommende und nn«
bedingte Unterwerfung unter seine Anforderungen verstehen zu wol«
len; in einem noch größeren Maße und noch rücksichtsloser stellte
er diese Fordemng an uns, die wir ja nie faktischen Widerstand
der Regierung geleistet haben und denen auch seine Vorgänger
seit langen Jahren keine große politische Bedeutung beizulegen
Pflegten.
Eine möglichst gründliche und aufrichtige Darlegung dessen,
warum es uns slavischen Böhmen auch beim besten Willen, wie
ich glaube, moralisch und politisch unmöglich ist, solchen Vorschrif-
ten nachzukommen und uns ähnlichen Anforderungen zu fügen.
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Österreichs Staatsidee
- Titel
- Österreichs Staatsidee
- Autor
- Franz Palacký
- Verlag
- I. L. Kober Verlag
- Ort
- Prag
- Datum
- 1866
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.7 x 21.5 cm
- Seiten
- 110
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918