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lein Gedeihen, sondern nicht einmal ein Leben giebt, im Kurzen
vollständig aus dem böhmischen Landtage verschwwöen muß, da
man hier nur noch über einige Localbedürfniffe, über Krankenhäuser
und Spitäler, über Borspann und MilitäreinquarÜrung uff. ver-
handeln wird, alle anderen Angelegenheiten aber nach Wien ein-
bezoge» werden, um dort einseitig und — deutsch erledigt zu wer-
den? Daß aber ein nationales Element, des parlan«ntarischen
Lebens entbehrend, ftüher oder später demjenigen Elemente zum
Opfer fallen muß, mit dem es in Berührung tümmt und das die
erwähnten Bortheile in vollem Maaße genießt, ist so über allen
Zweifel erhaben, daß es jedem denkenden Menschen in die Augen
fällt und gewiß auch der Aufmerksamkeit des Herrn von Schmer-
ling nicht entgieng. Ausführlicher will ich darüber nicht reden, da
ich mich bitterer Reflexionen kaum enthalten könnte; ich erwähne
nur noch, daß das, was hier gesagt ist, keineswegs den Reiz der
Neuheit für sich in Anspruch nimmt, da ich bereits die Ehre hatte,
in diesem Sinne zweimal (21. Juni und 27. August 186!) in
Wien im Herrenhause meine Meinung auszusprechen, wie es auch
die stenographischen Berichte nachweisen. Ich achte nicht auf den
Borwurf, der mir von meinen Gegnern oft gemacht wird, daß ich
immer nur dieselben veralteten Reden aufwärme und wiederhole.
Das Alter der Wahrheit reicht über das Alter des Weltalls; die
Lüge allein ist ewig neu, da sie gewöhnlich in dem Augenblicke
stirbt, in welchem sie erkannt wurde.
Nicht einmal in eine eingehende Polemik gegen das centrali-
stische System in Österreich werde ich mich hier einlassen; schon
vor mir wurde sie von den verschiedensten oppositionellen Jour-
nalen, freilich mit ungleichem Geist und Erfolg geführt; und die
beispiellose Menge von Strafen, in die letztere verfallen, ist ein
warnender Beweis, wie schwer es ist, bei dieser Gelegenheit an
leinen Paragrafen des Preßgesetzes anzustoßen. Zum Schluße
dieses Artikels erlaube ich mir nur noch eine Frage: wer fühlt
mehr das Bedürfniß nach einer administrativen Centralisation, die
Böller selbst, oder die Wiener Bureautratie? oder mit anderen
Worten: in wessen Interesse wird sie mehr eingeführt und be-
trieben, im Interesse der Völker oder der Bureaulratie? Und
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Buch Österreichs Staatsidee"
Österreichs Staatsidee
- Titel
- Österreichs Staatsidee
- Autor
- Franz Palacký
- Verlag
- I. L. Kober Verlag
- Ort
- Prag
- Datum
- 1866
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.7 x 21.5 cm
- Seiten
- 110
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918