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die sich auch heute als die größten Freu»de der Dynastie und als
die einzigen Patrioten Österreichs geriren und uns als Separa-
tisten vecktzern, nicht den Dualismus auf ihre Fahne geschrieben?
Und wollten sie etwa damal nicht offen Österreich in zwei Hälften
reißen und die eine Hälfte dem deutschen Reiche, von dem man
noch nicht wußte, ob es eine Republik oder ein preußisches Kaifer-
thum werden würde, zutheilen und aus der anderen Hälfte ein
selbstständiges Königreich Ungarn errichten? Kann es heute noch
für Jemanden zweifelhaft sein, daß diese österreichischen Pattioten
ihrem und unserem legitimen Kaiser und Könige einen Sitz zwi-
schen zwei Stühlen, wenn ich mich so ausdrücken darf, bereiten
wollten? Und wer kämpfte damals offen und entschieden für die
Einheit Österreichs? waren es nicht Slaven allein, die Böhmen
und ihre politischen Genossen im Parlamente, die Südslaven mit
Ielaiic an der Spitze am Schlachtfelde bei Schwechat? Als wir
Böhmen das Wiener Parlament verließen und gegen seine Wirk-
samkeit Protest erhoben, nachdem es jener dualistischen Revolution
Vorschub leistete — hat uns da nicht der berüchtigte Füster für
die Erhaltung Österreichs vor dem Tribunal des revolutionären
Europa's mit der Schrift angeklagt: Wer hat die Freiheit ver«
rathen? Oder ist es etwa seither schon gar so lange, daß dies
bereits alles in Vergessenheit gerathen ist? Sollten denn alle
Lehren der Geschichte umsonst an uns vorübergegangen sein und
die Menschen wirklich nur durch eigenen Schaden klug werden
können?"
„Sollte es wirklich Jemand noch einmal mit dieser Politik ver-
suchen wollen, so will uns bedünken, daß die Sachen nicht mehr so glatt
verlaufen möchten, daß die Einführung des Dualismus in Öster-
reich mit unwiderstehlicher Gewalt furchtbare Convulsionen nach
sich ziehen müßte. Es ist in der That unmöglich zwischen zwei
Hälften ein absolutes Gleichgewicht und daher auch Frieden zu
erhalten; immer hebt sich die eine Wagschale über die andere, ja
überstürzt auch wohl die leichtere Hälfte, und diese, da sie die Un-
möglichkeit des Aufkommens und Ausgleiches fühlt, sieht sich ge-
zwungen von anderwärts her ein Zugewicht zu suchen. Bürger-
kriege, das Einmischen von fremden Vermittlern, das Schicksal
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Buch Österreichs Staatsidee"
Österreichs Staatsidee
- Titel
- Österreichs Staatsidee
- Autor
- Franz Palacký
- Verlag
- I. L. Kober Verlag
- Ort
- Prag
- Datum
- 1866
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.7 x 21.5 cm
- Seiten
- 110
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918