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mit allem Verschwenden von besänftigenden Worten abmühen; das
Mißtrauen, das von jeher durch zahllose Umstände erzeugt wurde,
wird immer mächtiger werden und endlich alle Bande der Erge-
benheit und Liebe auflösen.
Die Frage, welches Machtprincip in Öfterreich von wesentli-
cherer Bedeutung und gleichsam die Urquelle, daher auch «maß-
gebend fei für das andere, ob die Centralreichsgewalt, oder die
Macht der Länder und Böller, — erscheint uns in der That als
eben so überflüssig, müssig und anstößig, wie alle ähnlichen Fra-
gen, wie z. B. die über die Suverainität der Fürsten und Völker.
Stellt man ähnliche Grundsätze absichtich gegen einander und
streitet man über den Vorzug des einen vor dem anderen, so wird
man endlich nur zu Absurditäten und Ungereimtheiten gelangen
müssen. Wie sich beim Menschen der Tod nach erfolgter Trennung
des Leibes von der Seele einstellt, so würde es auch im staatlichen
Organismus geschehen müssen, wenn sich seine organischen Grund-
stoffe und Bestandtheile unter einander bekämpfen würden. Wiewohl
es aber schlechterdings unmöglich ist, bei einer jeden menschlichen
Handlung bestimmen zu wollen, in wiefern sich an ihr einerseits
der Verstand oder der Geist und andererseits die Sinnlichkeit oder
der Körper betheiligt hat, so wird dadurch die Erkenntniß des
Unterschiedes der geistigen und körperlichen Kräfte im Allgemeinen
doch keineswegs behoben. Discretion und guter Wille bleiben dabei
jedenfalls ein unerläßliches Postulat.
Soll die Einheit Österreichs einen festen Bestand haben, so
find unseres LrachtenS nach für sein Eentrum oder für «das
Weich" überhaupt, nur folgende Angelegenheiten und Gegenstände
absolut nothwendig: 1) die Angelegenheiten des kaiserlichen Hau-
ses, 2) auswärtige Angelegenheiten, 3) die Land und Seemacht,
4) die Reichsftnanzen, b) die Handelsangelegenheiten und daher
auch 6) alle Eommunicationsmittel im Reiche überhaupt. Ferner
wäre wünfchenswerth, wenn es auch nicht unumgänglich nothwen-
dig ist, daß nicht in der einen Hälfte als Unrecht angesehen werde,
was in der andern als Recht gilt.
Aus dieser Erwägung wird ein jeder unparteiische Richter
zugeben müssen, daß wir den Wirkungskreis oder das Gebiet der
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Buch Österreichs Staatsidee"
Österreichs Staatsidee
- Titel
- Österreichs Staatsidee
- Autor
- Franz Palacký
- Verlag
- I. L. Kober Verlag
- Ort
- Prag
- Datum
- 1866
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.7 x 21.5 cm
- Seiten
- 110
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918