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stimmte Kronländergruppe würde an der Spitze der gesammtsn
Administration seinen eigenen Minister haben, der den Reichsmini-
stern in Wien zwar gleichgestellt wäre, feinen Sitz aber in der
Hauptstadt der ihm untergebenen Länder und für alle Zweige der
Landesadminiftration besondere Minifterialräthe haben würde. Solche
Minister würde es für das gesammte Reich wenigstens sieben
geben müssen, und zwar 1) für die deutschen, 2) für die kechosla-
vischen, 3) für die polnischruthenischen, 4) für die magyarischen,
b) für die rumänischen, 6) für die südflavischen und 7) für dle
italianifchen Länder; dazu müßten dann eben so viele Landtage
und Cassationshöfe organisirt werden. Sollte ihrer eine noch grö-
ßere Anzahl errichtet werden, so werden wir uns dagegen nicht
allzusehr sträuben. Diese Minister, die von den Beratungen und
Beschlüßen ihrer Reichscollegen regelmäßig in Kenntniß gesetzt
werden müßten, würden dann allenfalls verpflichtet sein, in wich-
tigen Angelegenheiten mit ihnen selbst in Wien Berathungen zu
pflegen. Seitdem Eisenbahnen und Telegraphe alle Hauptstädte
berühren, würde sich eine solche Einrichtung ohne erhebliche Schwie-
rigleiten durchführen lassen. Der grüßte Gewinn jedoch, der sich
aus einer solchen Einrichtung ergeben würde, wäre gewiß der,
daß alle politischen und nationalen Angelegenheiten, die den Lan-
desministerien zustehen würden, bis zu den höchsten Instanzen in
Nationalsprachen erledigt werben könnten, und daß der Grundsatz
der Gleichberechtigung aufhören würde ein bloßes Trugbild zu fein.
Wir werden hier diese Idee nicht weiter auseinanderlegen.
Für Kenner und edelgesinnte Leser wird sie hoffentlich bereits Nar
genug sein und in minder wesentlichen Detailangelegenheiten (bei
denen wenigstens unsere Absicht, sei es auf dem oder jenem Wege
immer wird erreicht werben können) wollen wir mit Niemanden
leichtsinnig streiten; was aber unsere alten Feinde betrifft, so
wissen wir wohl, daß sie auch dann, wenn wir aus lauter Auf-
richtigkeit selbst unser Blut und unser Leben ihnen anbieten würden, uns
immer Gott weiß welche unlauteren und verbrecherischen Absichten
zumuthen werden. Daher will es uns bedünken, baß eine weitere Be-
sprechung dieser Sache von unserer Seite sogar überflüssig wäre. Nur
einige besondere Pzyttte noch wollen wir mit kurzen Worten berühren.
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Buch Österreichs Staatsidee"
Österreichs Staatsidee
- Titel
- Österreichs Staatsidee
- Autor
- Franz Palacký
- Verlag
- I. L. Kober Verlag
- Ort
- Prag
- Datum
- 1866
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.7 x 21.5 cm
- Seiten
- 110
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918