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3. Die militärische Ebene: Armee und Kommandanturen 181
ligiöser Bräuche“ behindern noch ihre Fahrzeuge auf Friedhöfen abstellen.
Außerdem hatten die Kommandanten bei allen Truppenverlegungen entlang
der Verkehrswege Beobachtungsdienste aufzustellen, die durch Armeeange-
hörige „verursachte Regelwidrigkeiten“ mithilfe der Konvoileiter beseitigen
sollten. Die weiteren Pflichten des Militärkommandanten bezogen sich 1. auf
die lokalen Behörden, 2. auf die Wirtschaft, 3. auf Repatrianten und 4. auf be-
sondere Aufgaben wie die Registrierung von Nationalsozialisten.108
Diese Weisung behielt ihre Gültigkeit bis zum 16. Juni 1954, als die Um-
strukturierung des sowjetischen Besatzungsapparates 1951/1952 eine Neude-
finierung der „wesentlichen Pflichten der Militärkommandanten der sowjeti-
schen Zone Österreichs“ erforderlich machte.109 Die zwischenzeitlich erfolgte
Gewaltentrennung in einen militärischen Oberbefehlshaber und einen zivi-
len Hochkommissar kam dadurch zum Ausdruck, dass nun Generaloberst
Aleksej S. Žadov als Oberkommandierender der CGV gemeinsam mit dem
Gesandten Ivan I. Il’ičev in seiner Funktion als Hochkommissar die „Instruk-
tion betreffend die wesentlichen Pflichten der Militärkommandanten in der
sowjetischen Zone Österreichs“ bestätigte. Fortan unterstanden die Militär-
kommandanturen in jenen Bereichen, die ihre Kontrollfunktion über österrei-
chische Sicherheitsorgane und das Verhältnis zur Bevölkerung betrafen, dem
sowjetischen Hochkommissar. In „allen [übrigen] Bereichen ihrer Tätigkeit“
waren sie dem Oberkommandierenden der CGV unterstellt.110
Ihre Aufgaben und Pflichten bestanden nun 1. in der Aufrechterhaltung
von Disziplin und Ordnung an den Orten der Stationierung sowjetischer
Truppen, 2. in der Kontrolle der Tätigkeit der örtlichen Behörden (Polizei,
Gendarmerie, Gerichte und Staatsanwaltschaft) und 3. in der Meldung über
antisowjetische Kundgebungen, Diversion gegen sowjetische Truppen und
Organisationen, terroristische Aktionen gegen sowjetische Staatsbürger, na-
tionalsozialistische und militaristische Aktivitäten sowie sämtliche Fälle, die
Sofortmaßnahmen erforderten.111
Der Schwerpunkt der Tätigkeit hatte sich somit von der Beseitigung der
Kriegsfolgen und der Etablierung österreichischer Verwaltungsstrukturen
hin zur Kontrollausübung verschoben. Dabei war die Disziplin der eigenen
108 Ebd.
109 Knoll – Stelzl-Marx, Der Sowjetische Teil der Alliierten Kommission, S. 199–211; Mueller, Die sow-
jetische Besatzung in Österreich, S. 60f.
110 CAMO, F. 275, op. 140935ss, d. 1, S. 182–190, Instruktion betreffend die wesentlichen Pflichten der
Militärkommandanten in der sowjetischen Zone Österreichs [16.6.1954]. Abgedruckt in: Karner –
Stelzl-Marx – Tschubarjan, Die Rote Armee in Österreich, Dok. Nr. 81; Knoll – Stelzl-Marx, Der
Sowjetische Teil der Alliierten Kommission, S. 211; Vartanov, Die Aufgaben der Militärkomman-
danturen, S. 166f.
111 Ebd.
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Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Stalins Soldaten in Österreich
- Untertitel
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Autor
- Barbara Stelzl-Marx
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 874
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918