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Stalins Soldaten in Österreich - Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Seite - 274 -
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III. Der sowjetische Besatzungsapparat: Struktur und Funktion274 die einquartiert Gewesenen verschleppt werden.“480 Häufig mussten inner- halb kürzester Zeit einzelne Zimmer oder ganze Wohnungen geräumt und den Besatzungssoldaten bzw. ihren Angehörigen zur Verfügung gestellt wer- den. Die Wienerin Pauline Wind beschrieb dies in ihrem Haushaltsbuch von 1945 folgendermaßen: „Am 9. April um halb zwei früh drangen die Russen in Wien in unser Haus ein. Wir haben vom 6. April 1945 an wie alle Hausbe- wohner in unserem Keller gewohnt und genächtigt. Am 13. April 1945 fiel die Stadt Wien und wurde von Russen besetzt. Ab 14. April bekamen wir in unsere Wohnung 1 Moskauerin Frau Rosa und 1 Leutnant Frau Olga einquar- tiert bis 17. Juni 1945. Ab 30. Juni 1945 bis 28. Juli 1945 [war] ein russischer Major, Bacharchimov, von der Presse einquartiert.“481 Konnten Mobiliar und Einrichtungsgegenstände nicht rechtzeitig in Si- cherheit gebracht werden, wurden sie in vielen Fällen beschädigt, zerstört oder abtransportiert. Erzählungen von den „kulturlosen Russen“ kursierten, die auf Biedermeiermöbel Schießübungen machten oder wertvolles Meiß- ner Porzellan als Einweggeschirr verwendeten. Hausbesitzer nahmen daher manchmal freiwillig Flüchtlinge oder durch Bombenangriffe obdachlos ge- wordene Verwandte auf, um ihr Haus zu „füllen“ und dadurch sowjetische Zwangseinquartierungen zu verhindern.482 Neben den illegalen privaten Plünderungen und den Konfiszierungen ver- folgten die Sowjets eine staatlich verordnete Beutepolitik. Dies betraf auch Kulturschätze, die gezielt ausgeforscht und in die Sowjetunion verbracht wurden. Beispielsweise transportierte die Rote Armee im April 1945 min- destens sechs Lastwagenladungen mit Kunstgegenständen, Möbeln und Büchern aus dem Eisenstädter Schloss der Familie Esterházy im Burgenland ab. Ein Teil der seltenen Bücher befindet sich heute in Moskauer Bibliothe- ken. Auch nach der ersten Beutewelle zu Kriegsende waren die sowjetischen Beutegut-Brigaden aktiv: Im August 1946 inspizierte etwa einer der höchsten sowjetischen Restitutionsbeamten, Stepan Ledovskič, das Schloss Thürntal in der Nähe von Grafenegg, das während der NS-Zeit enteignete jüdische Sammlungen beherbergt hatte. Im Mai 1947 ließ Ledovskič 39 Gemälde – angeblich „Deutsches Eigentum“ – in die Sowjetunion abtransportieren. Ihr weiteres Schicksal ist ungeklärt. Denkbar ist, dass ein Teil der Gemälde un- terwegs verloren ging, beschädigt oder völlig zerstört wurde. Doch fiel die 480 ÖStA/AdR, Abt. 2, Generaldirektion für Sicherheit, Monatsberichte, Sicherheitsdirektion für das Burgenland, 2.9.1946, S. 3. Zit. nach: Stelzl-Marx, Freier und Befreier, S. 423f. 481 Sammlung Stelzl-Marx, Haushaltsbuch Pauline Wind. 482 Karin Pöpperl, Das Russlandbild in Weitra heute. Unter Berücksichtigung der Besatzungszeit 1945–1955 und der Propaganda der Kriegs- und Nachkriegszeit. Phil. DA. Wien 2003, S. 10; Maurer, Befreiung? – Befreiung!, S. 73.
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Stalins Soldaten in Österreich Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
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Titel
Stalins Soldaten in Österreich
Untertitel
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Autor
Barbara Stelzl-Marx
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78700-6
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
874
Kategorien
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