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Arbeit von Ausländern, saisonale Arbeit oder Hausarbeit etwa fanden entweder
keinen Platz in den nationalstaatlichen Kodifizierungen von Arbeit oder wurden
gar als „Scheinarbeit“ oder „negative Arbeit“ aktiv bekämpft.13 Das heißt nicht, dass
diese Arten, tätig zu sein, verschwunden wären, doch wurden sie mit neuen Legiti-
mitätsproblemen konfrontiert.
Ob „Kodifizierung der Arbeit“, „Abbruch des Traditionszusammenhanges des
Arbeitsbegriffs“ 14 oder „Verengung des Arbeitsbegriffs“: die Historiografie der Arbeit
zeigt, dass die Frage, was Arbeit war und was nicht, zu verschiedenen Zeiten sehr
unterschiedlich beantwortet wurde. Dass – folgt man Jürgen Kocka – ein allgemei-
ner Arbeitsbegriff überhaupt erst in den letzten Jahrhunderten Verbreitung fand,15
lässt den Anspruch einer ‚großen Erzählung‘ darüber, wie sich ‚Arbeit an sich‘ über
mehrere Jahrhunderte hinweg veränderte, problematisch erscheinen. Ebenso proble-
matisch sind die dadurch unvermeidlichen Reduktionen einer Vielzahl von einander
widersprechenden Praktiken und Konzepten des Arbeitens verschiedener Akteure
einer Epoche auf die jeweils dominante Perspektive. Dass auch im vorindustriellen
Europa nie eindeutig war, was Arbeit war oder nicht, beschreiben etwa Catharina
Lis und Hugo Soly:
The fact that work was a fundamental condition for social acceptance in pre- industrial
Europe is clear from the debates and polemics conducted about whether certain activi-
ties might or should qualify as forms of work. No generally accepted definition existed.16
Wie Sigrid Wadauer zeigt, wird in ‚großen Erzählungen‘ Arbeit meist als univer-
selles und in gewissem Maße einheitliches Phänomen konzipiert. Dies geschieht
auch, wenn
– wie etwa in vielen Untersuchungen der Begriffsgeschichte
– vielfältige
Bedeutungen und Veränderungen von Arbeit thematisiert werden.17
Das Wort [Arbeit, G. S.] bezieht sich auf einen Begriff
[…] und dieser wiederum auf ein
universell/ahistorisch gedachtes Signifikat, auf etwas, das über die Jahrtausende zumin-
dest soweit mit sich selbst ident bleibt, dass man es als eine Sache, die eine Geschichte
hat, beschreiben kann.18
13 Wadauer, Production, 2 f.
14 Conze, Arbeit, 154.
15 Kocka, Work, 2 ff.
16 Lis/Soly, Efforts, 552.
17 Wadauer, Immer nur Arbeit, 2 ff.; vgl. auch Wadauer, Der Arbeit nachgehen, 16 ff.; Conrad/
Macamo/Zimmermann, Kodifizierung, 451.
18 Wadauer, Immer nur Arbeit, 4. Forschungskontexte 11
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Über die Produktion von Tönen
Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
- Titel
- Über die Produktion von Tönen
- Untertitel
- Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
- Autor
- Georg Schinko
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20802-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 310
- Schlagwörter
- Music-making, Musician, Work, Vocation, Art, Austria, Correspondence analysis, Life Writing, Interwar period --- Musizieren, Musiker, Arbeit, Beruf, Kunst, Österreich, Korrespondenzanalyse, Lebensgeschichtliche Erzählung, Zwischenkriegszeit
- Kategorie
- Kunst und Kultur