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sionen von Treibhausgasen (Vitousek et al. 1997; Zollitsch
et al. 2007; Chapagain und Hoekstra 2008; Bhalli et al.
2009; Poore und Nemecek 2018). Insbesondere bezüglich
des Klimawandels ist die Landwirtschaft in den vergangenen
Jahren stärker in den Mittelpunkt der Emissionsminderungs-
debatten gerückt. Global steht der Sektor für ungefähr 26 %
aller Emissionen, entsprechend 13,7 Mrd. Tonnen CO2-Äqui-
valenten (Poore und Nemecek 2018). Von diesen Gesamt-
emissionen der Produktionskette werden 61 % durch die
Landwirtschaft, d. h. die Produktion auf dem Bauernhof,
verursacht. In Österreich ist die Landwirtschaft für 10,3 %
der Emissionen verantwortlich (Umweltbundesamt 2018).
Treibhausgase entstehen aber auch bei der Produktion von
Lebensmitteln, deren Verarbeitung, Verpackung, Transport,
Kühlung und Lagerung, bei der Zubereitung der Speisen und
durch Lebensmittelabfälle.
Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Essgewohn-
heiten große Bedeutung für Emissionen haben und entspre-
chende Änderungen einen signifikanten Beitrag zur Emis-
sionsminderung leisten könnten. Meier und Christen (2013)
fanden beispielsweise, dass eine Änderung der Ernährungs-
gewohnheiten der Deutschen hin zu den Empfehlungen der
Deutschen Ernährungskommission den Nahrungsmittelener-
gieverbrauch um 7 % reduzieren könnten und Treibhausgas-
emissionen um 11 %, außerdem den Grund-/Oberflächen-
wasserverbrauch um 26 % und die genutzte Landfläche um
15 %. Ähnliche Ergebnisse wurden für die USA von Tom
et al. (2016) vorgelegt: Bei Umstellung auf einen kalorisch
angepassten Nahrungsmittelkonsum könnten Energie-, Treib-
hausgas- und Grund-/Oberflächenwasserverbrauch um 9 %
gesenkt werden. Berechnungen für die EU gehen sogar davon
aus, dass eine Halbierung des Fleisch-, Milchprodukt- und Ei-
erverbrauchs Treibhausgasemissionen um bis zu 40 % senken
könnte und die Flächeninanspruchnahme um fast ein Viertel
(Westhoek et al. 2014). Zu ähnlichen Ergebnissen kommen
auch Poore und Nemecek (2018), die vorrechnen, dass eine
globale Umstellung auf eine vegetarische Ernährung Emis-
sionen an Treibhausgasen um 49 % reduzieren könnte, ent-
sprechend 5,5–7,4 Mrd. Tonnen CO2-Äquivalente. Auch das
IPCC beziffert signifikante Einsparungsmöglichkeiten der
Landwirtschaft von 7,2–11,0 Gt CO2-Äquivalente pro Jahr
(IPCC 2014). Gegenwärtig gibt es jedoch wenig Anzeichen
dafür, dass Essensgewohnheiten signifikant nachhaltiger
werden (z. B. Gose et al. 2016 für Deutschland). In Öster-
reich sind die Emissionen aus der Landwirtschaft seit 1990
zwar stark gesunken, jedoch 0,3 Mt CO2-Äquivalente (3,8 %)
höher als im Klimaschutzgesetz vorgesehen. Auch stiegen
die Emissionen in 2016 gegenüber dem Vorjahr um 1,5 %
(Umweltbundesamt 2018).
Klimaverträgliche Einkaufspolitik
Der Einkauf von Lebensmitteln weist bereits eine hohe Kli-
marelevanz auf, da Energiekonsum und Treibhausgasemissio- nen stark von Produktionsweisen sowie Transportdistanzen
der Lebensmittel abhängen. Die CO2-Äquivalenteemissionen
pro transportierter Tonne Lebensmittel sind für Luftfracht am
höchsten (rund 2 kg pro Tonne und Kilometer), gefolgt von
Lkw (0,13 kg), Eisenbahn (0,04 kg) und Schifffahrt (0,009 kg
Hochseefrachtschiff, 0,034 kg Binnenfrachtschiff; Ministe-
rium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und
Forsten Rheinland-Pfalz 2015). Diese transportverursachten
Emissionen fallen bei regionalen Lebensmitteln in gerin-
gerer Menge an. Ein weiterer klimarelevanter Aspekt sind
die Produktionsweisen der Lebensmittel. So sind die CO2-
Emissionen von Gemüse in Treibhauskultur um das bis zu
50-Fache höher als von Gemüse in Freilandkultur (Jungbluth
2000). Auch Lebensmittel aus biologischer Erzeugung sind
in der Regel klimaschonender, da sie auf energieintensiven
und CO2-emittierenden Düngereinsatz verzichten und auf
selbstregulierende Mechanismen zurückgreifen (Reganold
und Wachter 2016).
Energieverbrauch bei Lagerung und Zubereitung
Bei der Lagerhaltung kommt es zum einen auf energieeffi-
ziente Lager- und Kühlsysteme an, zum anderen aber auch
auf eine optimierte Planung beim Lebensmitteleinkauf, da-
mit nicht zu große Vorräte gehalten werden müssen und die
Gefahr verdorbener Lebensmittel reduziert wird. Auch bei
der Zubereitung geht es um die Energieeffizienz der Geräte,
aber auch um effiziente Zubereitungsprozesse und darum,
möglichst wenig Abfall zu produzieren.
Laut ÖGUT liegen die Energiekosten in der Gastronomie
bei 5–6 % des Umsatzes, entsprechend 100–135 kWh pro
m2 Betriebsfläche und Jahr bzw. 5–10 kWh pro Mahlzeit.
Der größte Energieverbrauch in der Gastronomie liegt in der
Raumheizung, gefolgt von der Prozesswärme für die Küche,
vor allem für das Garen von Speisen, aber auch für das Warm-
halten und Erwärmen von Speisen, die Geschirrvorwärmung
und die Geschirrreinigung. Kühl- und Gefriereinrichtungen
nehmen an Bedeutung zu, da wegen der Flexibilität des An-
gebots immer mehr Tiefkühlprodukte verwendet werden
(Bayer et al. 2011).
Daneben spielt die Art der eingesetzten Lebensmittel
eine gewichtige Rolle. Neben den bereits erwähnten klima-
relevanten Faktoren bei der Auswahl der Lebensmittel (kurze
Transportwege, saisonale und biologische Lebensmittel)
spielt auch Fleisch, v. a. Rindfleisch, eine große Rolle. Der
Konsum von einem kg regional produziertem Rindfleisch ent-
spricht Emissionen von 13–29 kg CO2-Äquivalenten (Göss-
ling et al. 2011). Zur besseren Visualisierung: Eine Steak-
mahlzeit (200 g) entspricht demnach ungefähr 20–50 km
Fahrt mit einem Pkw (im Durchschnitt 12 kg CO2/100 km;
Schodl 2017).
Wie in allen anderen Prozessstufen im Gastronomiebetrieb
ist auch bei der Zubereitung die Vermeidung von Lebens-
mittelabfall ein zu berücksichtigender Aspekt. Vermeidung
Allgemeine Komponenten des touristischen
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Buch Tourismus und Klimawandel"
Tourismus und Klimawandel
- Titel
- Tourismus und Klimawandel
- Autoren
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Verlag
- Springer Spektrum
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Abmessungen
- 21.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 263