Seite - 144 - in Über Bücher reden - Literaturrezeption in Lesegemeinschaften
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© 2021 V&R unipress, Brill Deutschland GmbH
ISBN Print: 9783847113232 – ISBN E-Lib: 9783737013239
unddenTextensehrwertschätzendum.Bücherwerdenliebergelobtalsgetadelt,
und sowirdnegativeKritik als eineFormderAbweichung registriert: „dieKri-
tikensindNICHTallegut,mussichsagen“(G1/D1/Bm1,Z.412).Ineineranderen
Gruppe (G3), die ihre Debatten mit Leidenschaft und lustvoller Aggression
verfolgt, seies imUmgangmitdemTextoder innerhalbderGruppeselbst,1wird
derVerdacht geäußert, dass „Rezensentinnen einfach voneinander abgeschrie-
ben“ haben, „weil sie das BUCHnicht lesenwollten […] so kommt das dann
zustande, dass alle dieselbe Kritik haben und alle lobhudelnd“ (G3/D2/B2,
Z.242–246).EmpörenderscheintdieserGruppe,dassKritikerinnenundKritiker
ihrer Aufgabe nicht nachgekommen sein könnten, womöglich das Buch nicht
gelesenhabenundes imGegensatz zurMeinung inderGruppe zupositiv ein-
schätzen.
Äußerungen wie die oben zitierten lassen auf eine – zumindest an der
Oberfläche der Selbst- undMetareflexion – recht eigenständige Haltung von
Face-to-Face-Lesegruppen schließen, die die Leistungen des Feuilletons aus
kritischemAbstandrespektieren, ja sogareinfordern,wiewohl sieaufdiese,wie
dasMaterial desProjekts ebensobelegenkann, seltenexplizit zurückgreifen, in
erster Linie, wenndieDiskussion ins Stocken gerät oder sich einGruppenmit-
gliedmit seinerMeinungnichtGehör zuverschaffen vermag. Bislangdurchge-
führte Studien kommen zudemErgebnis, dass sich Face-to-Face-Lesegruppen
ohnehin „nicht selten auchbewusst vonakademischenZugängen zurLiteratur
ab[grenzen]“.Die inStichwortenumrisseneThesedazu,nämlich,dass sicheine
Lesegruppe„wenigeranästhetischenKriterienalsvielmehrandenpersönlichen
ErfahrungenderTeilnehmerorientiert“2, ist der Initialpunkt fürdiesenBeitrag.
Ziel ist es, denBefund zu überprüfen, im günstigen Fall auch nochweiterfüh-
rende Ergebnisse zu generieren. Als Untersuchungsgegenstand stehen zwei
SammlungenzurVerfügung.ZumeinendasMaterial desFWF-ProjektsLitera-
rische Bedeutungen aushandeln, also die Transkripte derAudiodateien von 18
Buchdiskussionen, zumanderenDossiers ausdemInnsbruckerZeitungsarchiv
(IZA). Am Institut für Germanistik in Innsbruckwerden seitMitte der 1960er
Jahre die in der deutschsprachigen überregionalen Tages- undWochenpresse
erscheinenden Buch- und Theaterbesprechungen dokumentiert sowie Artikel
allgemeinerArtüberLiteraturunddamitverwandteThemenbereiche.3Aufgrund
des Umfangs der drei Leselisten imMaterial des FWF-Projekts (insgesamt 24
Romane) ist es im Rahmen eines Beitrags nicht möglich, eine detaillierte In-
haltsanalyse zur Rezeption jedes einzelnenWerks zu erstellen. Um aber doch
1 SiehedazuMoserG., „Vergnügen“, indiesemBand, S. 97f.
2 Knipp2017, S. 178.
3 SiehedazuInnsbruckerZeitungsarchiv (Iza) [o. J.].Homepage:https://www.uibk.ac.at/i
za/. RenateGiacomuzzi /GerdaE.Moser
/VeronikaSchuchter144
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Über Bücher reden
Literaturrezeption in Lesegemeinschaften
- Titel
- Über Bücher reden
- Untertitel
- Literaturrezeption in Lesegemeinschaften
- Autor
- Doris Moser
- Herausgeber
- Claudia Dürr
- Verlag
- V&R unipress
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-1323-9
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 262
- Kategorie
- Lehrbücher