Seite - 200 - in Über Bücher reden - Literaturrezeption in Lesegemeinschaften
Bild der Seite - 200 -
Text der Seite - 200 -
© 2021 V&R unipress, Brill Deutschland GmbH
ISBN Print: 9783847113232 – ISBN E-Lib: 9783737013239
WeblogsgelegtodereswurdenVersucheunternommen,voneinigenBeispielen
auf charakteristische (aber statische) Eigenschaftender BloggerInnen-Gesamt-
heit zu schließen. Dass aber gerade in der ‚Blogsphäre‘ dynamische Verge-
meinschaftungsprozesse, Projekteund Initiativenentstandensind,dieüberdie
Spezifika semi-autonomer digitaler (LeserInnen-)Gemeinschaften Aufschluss
geben können, wurde bisher wenig beachtet. Aber gerade dort überschneiden
sich relevanteAspektedigitaler LeserInnengemeinschaftenwie Identitätsarbeit
und soziale Performanzmit Aushandlungs- und Konformisierungsprozessen,
weshalb diese Dynamiken den Schwerpunkt der nachfolgendenÜberlegungen
bilden. Die Pole vonAffirmation, Subversion und Professionalisierung bilden
dabei wichtige Oszillationspunkte. Da der vorliegende Artikel in erster Linie
einenkursorischenÜberblicküberdieaktuellenVergemeinschaftungspraktiken
inderdeutschsprachigenBuch-BloggerInnen-Community gebenmöchte, kann
erweder auf Vollständigkeit nochauf analytischeTiefe abzielen.
Nacheiner kurzenBetrachtungder theoretischenGrundlagenwerdennach-
folgend verschiedene Beispiele der Vergemeinschaftung in der BloggerInnen-
Community exemplarisch in ihrer diskursiven und strukturellen Gestaltung
untersucht. Eswerdendabei auspragmatischenGründenausschließlich solche
Vergemeinschaftungsprozesseberücksichtigt, die sichöffentlich zugänglichauf
Blogs, d. h. inBeiträgenundPostingsniederschlagen.6Es zeigt sichdabei, dass
eineUnterscheidung in rezeptionsorientierte, konsumorientierte, aktivistische,
meta-diskursive und extern angeregte Vergemeinschaftungspraktiken von
Nutzen ist.
2 TheoretischeGrundlagen: Interpretationsgemeinschaft,
VergemeinschaftungundkritischesPotenzial
Die nachfolgenden Betrachtungen sind im Feld literatursoziologisch und pra-
xeologisch7 erweiterter, literaturwissenschaftlicher Rezeptionsforschung ange-
siedelt, die sich von der klassischen Rezeptionsästhetik8 deutlich abhebt. Der
6 Dass damit ‚unsichtbare‘Vergemeinschaftungsprozesse jenseits der digitalenÖffentlichkeit,
wiebeispielsweise(exklusive)Chat-undMessenger-GruppensowiepersönlicheKontakteund
Netzwerke wegfallen, muss in Anbetracht des ansonsten erheblich höherenmethodischen
Aufwandes inKaufgenommenwerden.AucheineAuseinandersetzungmitVergemeinschaf-
tungsformenüberSekundärkanäle,wiebeispielsweisedurchHashtagsaufTwitter,kannnicht
geleistetwerden.
7 Vgl.Knipp, LiteraturbezogenePraktiken, 2017.
8 Gemeint sind hier die textzentrierten, klassischenModelle der Rezeptionsästhetik im An-
schluss an Iser und Jauß, die den Leser noch als Funktion des Textes verstehen. Vgl.
Schöttker2005, S. 538ff.
KristinaPetzold200
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Über Bücher reden
Literaturrezeption in Lesegemeinschaften
- Titel
- Über Bücher reden
- Untertitel
- Literaturrezeption in Lesegemeinschaften
- Autor
- Doris Moser
- Herausgeber
- Claudia Dürr
- Verlag
- V&R unipress
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-1323-9
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 262
- Kategorie
- Lehrbücher