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1 DIE UMSETZUNG DER THUN-HOHENSTEIN’SCHEN
REFORMEN22
und Gymnasien, deren Reformen sich gerade in der Neuausrichtung der
philosophischen Fakultät verbanden. Denn die Aufgabe der alten philoso-
phischen Fakultät, bzw. des philosophischen Kurses, wie diese zweijährige
Vorbereitung auf das eigentliche Studium an den Fakultäten der Theolo-
gie, Jurisprudenz und Medizin auch genannt wurde, sollte nun an das um
zwei Jahre verlängerte Gymnasium abgetreten werden. Die Debatten um
die Idealvorstellungen der Universität werden in der Arbeit auch mit der
Beschreibung der „Realgestalt“32 der Universität kontrastiert. Damit wird
die oben erwähnte Hinwendung zur „institutionellen Praxis“33 vollzogen und
das Spannungsfeld von normativen Anforderungen und deren lokalen Um-
setzung ausgelotet. Außerdem wird mit diesem Vorgehen auch dahingehend
ein Perspektivenwandel ermöglicht, als die Reform bisher in der Regel von
der Perspektive des Ministeriums betrachtet wurde.
Im Kontext der Diskussion um Funktion und Aufgabe der Universität
werden besonders auch die Vorbilder der Reform besprochen. An erster
Stelle steht dabei das Verhältnis zu den preußischen Universitäten und
die in der Forschung diskutierte34 – und meist unreflektiert angenommene
– Übernahme des sogenannten Humboldt’schen Universitätsmodells in
Österreich (Kap. 2.3.). Davon ausgehend wird auch gefragt, welche Vor-
stellungen von einem ‚preußischen Modell‘ in Österreich überhaupt vor-
handen waren. Letztlich – und damit seien zumindest in Teilen Ergeb-
nisse vorweggenommen – lässt sich eine Orientierung an preußischen
Universitäten feststellen und daher wird weiterführend auch untersucht,
inwieweit sich mit einer solchen Übernahme nicht nur universitäts- und
wissenschaftspolitische Überlegungen verbanden, sondern diese auch po-
litische und ideologische Implikationen besaß. Gerade in diesem Zusam-
menhang ist auch die Frage nach Widerständen gegen die Reform von In-
teresse, zumal im Mittelpunkt der Kritik an den Reformen immer auch die
Diskussion um den Verlust der eigenen, österreichischen Universitätstra-
dition stand.
32 Sylvia PaLetscHek, Die permanente Erfindung einer Tradition. Die Universität Tübingen
im Kaiserreich und in der Weimarer Republik (= Contubernium 53), Stuttgart 2001, S. 1.
33 gerBer, Wie schreibt man ,,zeitgemäße“ Universitätsgeschichte?, S. 281.
34 Vgl. dazu Walter HöfLecHner, Nachholende Eigenentwicklung? Der Umbau des habsbur-
gischen Universitätssystems nach der Mitte des 19. Jahrhunderts, in: Rüdiger vom Bruch
(Hg.), Die Berliner Universität im Kontext der deutschen Universitätslandschaft um 1800,
um 1860 und um 1910, München 2010, S. 93–108; zuletzt Mitchell G. asH, Wurde ein
„deutsches Universitätsmodell“ nach Österreich importiert? Offene Forschungsfragen und
Thesen, in: Christof Aichner/Brigitte Mazohl (Hgg.), Die Thun-Hohenstein’schen Universi-
tätsreformen 1849–1860. Konzeption – Umsetzung – Nachwirkungen, Wien, Köln, Weimar
2017, S. 76–98.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen