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2 DIE THUN-HOHENSTEIN’SCHEN REFORMEN
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Franz Exner als auch Joseph Alexander von Helfert zwischenzeitlich als
Kandidaten für das Amt des Ministers gehandelt worden.115 Franz Exner
war als derjenige Ministerialbeamte, der die Reform großteils entworfen
hatte, prädestiniert für die Übernahme des Amtes. Er lehnte jedoch ab.116
Grund dafür war wohl seine Ansicht, dass Philosophie und Politik, Theorie
und Praxis streng voneinander getrennt sein sollten.117 Exner sah die Auf-
gabe des Philosophen, und somit seine Aufgabe, vielmehr darin, Ideen für
die politisch Verantwortlichen zur Verfügung zu stellen. Der spätere Unter-
staatssekretär von Leo Thun, Joseph Alexander Helfert (Jahrgang 1820),
hatte sich zwar als umsichtiger und verantwortungsvoller Beamter während
der turbulenten Zeit im Herbst 1848 und in den folgenden Monaten gezeigt,
war aber für das Ministeramt wohl noch zu jung. Überraschend wurde im
Ministerrat vom 28. Juli 1849 dann die Ernennung von Leo Thun-Hohen-
stein zum neuen Minister für Kultus und Unterricht bekannt gemacht.
Genaue Hintergründe zur Berufung Thuns gibt es nicht, man kann aber
mutmaßen, dass Franz Stadion Thun empfohlen hatte, zumal Thun bereits
unter diesem gedient hatte, als Stadion noch Gouverneur von Galizien gewe-
sen war. Möglich ist auch, dass es Ministerpräsident Felix Schwarzenberg118
persönlich war, der Thun zu dem neuen Amt verholfen hatte. Das schreibt
zumindest Helmut Rumpler, der glaubt, dass Thun „zur Beruhigung der
konservativen Hofpartei um den entmachteten Windisch-Graetz119“ in das
Ministerium berufen wurde.120 Thienen-Adlerflycht glaubt indessen, dass es
einerseits Stadion und Exner gewesen sein könnten, die Thun empfohlen
hatten, andererseits aber könne man auch aus den unveröffentlichten Tage-
büchern von Anton Schmerling herauslesen, dass dieser für die Ernennung
von Thun verantwortlich war.121
Mit dem Amtsantritt von Leo Thun am 28. Juli 1849 wurden die Agenden
des Kultus mit jenen des Unterrichts in einem Ministerium zusammenge-
115 Vgl. frankfurter, Graf Leo Thun-Hohenstein, Franz Exner und Hermann Bonitz, S. 13.
116 Vgl. dazu bei Robert zimmermann, Franz Exner, in: Transsilvania. Beiblatt zum Siebenbür-
ger Boten, 219 (5.11.1855), S. 73–74, hier S. 74.
117 Vgl. Franz eXner, Über die Stellung der Studierenden auf der Universität. Eine Rede, ge-
halten an der k.k. Universität zu Prag, vor der Immatrikulazion, den 20. Dezember 1834,
in: Wilhelm Podlaha (Hg.), Muster deutscher Redekünste: mit besonderer Rücksicht auf
neuere Literatur zur Bildung des Geschmacks und des Stils, Wien 1842, S. 232–241.
118 Felix Schwarzenberg (Böhmisch-Krumau 1800–1852 Wien), Diplomat und Politiker, No-
vember 1848–1852 Ministerpräsident.
119 Alfred Windisch-Graetz (Brüssel 1787–1862 Wien), Feldmarschall, führende Rolle bei der
Niederschlagung der Aufstände 1848/49 in Wien und Ungarn.
120 Vgl. rumPLer, Eine Chance für Mitteleuropa, S. 321.
121 tHienen-adLerfLycHt, Graf Leo Thun-Hohenstein als nachjosephinischer Vorkämpfer eines
aufgeklärten Konservativismus, S. 140–141.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen