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5 DIE PERSONALPOLITIK LEO THUNS AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK
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Zumal Jelinek bis dahin bereits in Prag tätig war und dort gemeinsam mit
Karl Kreil vielbeachtete meteorologische Beobachtungen anstellte und pub-
lizierte, liegt wohl auch der Schluss nahe, dass ein Verbleib in Prag es ihm
ermöglichte, seine Forschungen fortzusetzen. Außerdem war das Gehalt am
Polytechnikum höher als an der Universität Innsbruck, somit lagen neben
dem wissenschaftlichen Aspekt auch finanzielle Gründe vor, warum Jelinek
wohl lieber in Prag blieb. Neuerlich zeigte sich damit, dass die Stellen an der
Provinzuniversität Innsbruck finanziell wenig attraktiv waren.
Baumgarten war seit 1840 an der Innsbrucker Universität tätig.248 Im Re-
volutionsjahr 1848 hatte sich Baumgarten als einer der Anführer der aka-
demischen Legion hervorgetan und dadurch sowohl bei Studenten als auch
öffentlich an Ansehen gewonnen.249 Nach dem Rückzug von Jelinek erbat
Baumgarten vom MCU seine Versetzung auf die Lehrkanzel für Mathema-
tik. Als ausschlaggebenden Grund hierfür gab Baumgarten die körperliche
Belastung an, die mit dem Unterricht in der Physik verbunden war. Vor
allem die aufwendige Vorbereitung für die Experimente und die physika-
lischen Demonstrationen in den oft kalten Sälen schreckten Baumgarten,
bei seinem – wie er schrieb – angegriffenen Gesundheitszustand ab, den
Unterricht in der Physik fortzusetzen. Baumgarten musste zwar zugeben,
dass er keine wissenschaftlichen Leistungen in der Mathematik vorweisen
könne, verwies aber auf einen noch während des Vormärzes absolvierten
Konkurs, bei dem ihm eine Eignung für das Fach attestiert worden war.250
Baumgarten wurde mit seinem Gesuch sowohl vom Senat der Universität
als auch vom Statthalter Bissingen unterstützt. Besonders das Unterstüt-
zungsschreiben des Senats macht einmal mehr die miserable Situation an
der Universität Innsbruck deutlich, wenn es dort als Erfolg von Baumgarten
aufgeführt wird, dass er fünf Studenten in seinem letzten Kollegium hatte,
das er für den zwar berufenen aber nicht nach Innsbruck gekommenen Pro-
fessor Karl Jelinek suppliert hatte.251
Um den Lehrstuhl für Mathematik konkurrierte allerdings noch ein wei-
terer Kandidat: Ferdinand Peche.252 Der Gymnasiallehrer hatte sich direkt
248 Zum Wirken von Baumgarten siehe steinmaurer, Die Lehrkanzel für Experimentalphysik,
S. 72–75; oBerkofLer, Zur Geschichte der Innsbrucker Mathematikerschule, S. 26–28.
249 Vgl. dazu egger, Die I. Akademische Kompanie der k.k. Universität zu Innsbruck; PicHLer,
Zu meiner Zeit, S. 99–100.
250 Siehe Personalakt Anton Baumgarten, Innsbruck, MCU Allg., Fasz. 1014, Sign. 5, Österrei-
chisches Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv.
251 Ebenda.
252 Ferdinand Peche (Pisek 1820–1898 Innsbruck), Mathematiker, ab 1851 Lehrer am Gymna-
sium in Teschen, ab 1854 Supplent am Joanneum, 1857–1864 Telegraphenoffizial in Wien,
1868–1898 Prof. der math. Physik an der Universität Innsbruck.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen